Affenmütter als Partnervermittlung

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Überraschende Entdeckung: Unter Bonobos helfen die Mütter ihren Söhnen dabei, sich eifrig fortzupflanzen – mit oft sehr menschenähnlichen Methoden.

Junge Männer können es nicht leiden, wenn ihre Mütter sie zur Brautschau animieren und sich bei der Partnerwahl einmischen. Besonders unbeliebt: arrangierte Zusammenkünfte mit idealen Schwiegertöchtern, gutes Zureden und aufdringliches Schwärmen über die Qualitäten des Sohnes in passenden Zirkeln. Aber diese Mütter hätten eben gern Enkel. Ihr Verhalten wirkt auf uns allzu menschlich. Was es aber nicht ist, wie eine Forschergruppe rund um Martin Surbeck vom Max-Plank-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig herausgefunden hat (Current Biology, 20. 5.).

Zunächst einmal stellte man bei wild lebenden Bonobos im Kongo fest: Wenn die Mütter im Paarungsalter ihrer Söhne (zwischen 20 und 25 Jahren) noch leben und um sie herum sind, pflanzen sich die Söhne dreimal so eifrig fort. Das allein sagt noch nicht viel aus: Es könnte ja sein, dass beide, Mutter und Sohn, gute Gene haben, die sie sowohl langlebig als auch fruchtbar machen. Aber die Affenforscher haben auch das Verhalten beobachtet. Und zu ihrer Überraschung entdeckt: Die Bonobomütter helfen ihren Söhnen bei deren Kopulationsbestrebungen. Sie führen den männlichen Nachwuchs in die Nähe von jungen Weibchen in der Eisprungphase, halten andere Jungmännchen fern, wenn ihr Sohn zur Sache geht, und mischen sich in ähnliche Versuche fremder Männchen störend ein.

Nicht bei Macho-Schimpansen

Zudem sorgen sie dafür, dass ihr Kind hohen sozialen Status erreicht und damit begehrenswert ist. Sie greifen helfend in Raufereien ein und verschaffen ihm Zugang zu Ressourcen, begehrten Orten oder besten Kreisen. Das ist freilich nur möglich, weil die Bonobos in einem Matriarchat leben: Die Frauen haben das Sagen. Anders ist es in der Macho-Gesellschaft der Schimpansen. Sie bildeten die Vergleichsgruppe.

Es zeigte sich: Die Korrelation von Präsenz der Mutter und Fortpflanzung der Söhne ist hier nur schwach. Und auch das Bemühen hält sich in Grenzen: Die Mütter schützen vor Angriffen, nicht mehr. Das Verhalten der Bonobomütter ist bei Säugetieren sicher sehr selten. Vage Ähnliches kannte man bisher nur von Killerwalen, die ihre Söhne zu guten Futterplätzen geleiten.

Natürlich darf man diesen Tieren kein bewusstes, zielgerichtetes Handeln andichten. Im evolutionären Prozess hat sich für sie eben eine Möglichkeit bewährt, den Reproduktionserfolg der eigenen Gene zu steigern, ohne zusätzliche Kinder zu zeugen. Aber etwas anderes könnte Mensch, Bonobo und Orca einen: dass ihre Weibchen länger leben, vor allem viel länger, als sie fruchtbar sind (Menschenfrauen verlieren ihre Zeugungsfähigkeit zudem relativ früh).

Langes Bemuttern könnte eine Funktion erfüllen, die erweiterte Lebensdauer evolutionär sinnvoll macht. Allerdings bestätigt sich das bei den Bonobos nur teilweise: Ihre Weibchen leben zwar länger als Schimpansinnen, aber nicht untypisch lang über das Ende der Zeugungsfähigkeit hinaus. Hier heißt es weiterforschen. So beharrlich, wie manche Menschenmutter ihren Sohn an die Frau bringen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2019)

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