Russland: Proteste nach Entlassung von Journalisten

In der russischen Wirtschaftszeitung „Kommersant“ stehen die Zeichen weiter auf Sturm.
In der russischen Wirtschaftszeitung „Kommersant“ stehen die Zeichen weiter auf Sturm.(c) APA/AFP/ALEXANDER NEMENOV
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Mitarbeiter der russischen Zeitung „Kommersant“ wehren sich gegen Druck des Kreml-nahen Besitzers.

Moskau. In der russischen Wirtschaftszeitung „Kommersant“ stehen die Zeichen weiter auf Sturm. Nach der Entlassung von zwei Redakteuren wegen eines unliebsamen Artikels über Rochaden an der russischen Polit-Spitze hat das gesamte Politikressort die Arbeit niedergelegt. In einer Stellungnahme protestierten zudem rund 200 Mitarbeiter des Verlagshaus gegen den Druck durch den Eigentümer Alischer Usmanow. „Das Kollektiv von Kommersant erachtet es als notwendig, seine Leser darüber zu informieren, dass die Zeitung für eine unbestimmte Zeit nicht mehr über russische Politik informieren kann.“ Eine derartige Zwangspause ereigne sich zum ersten Mal in der 30-jährigen Geschichte des Verlagshauses, man entschuldige sich bei den Lesern.

Ablöse von Matwijenko?

Hintergrund des Streits ist ein im April veröffentlichter Bericht über die mutmaßliche Ablöse der Vorsitzenden des Föderationsrates, Valentina Matwijenko. Der Chefredakteur des „Kommersant“ verlautete, der Artikel habe journalistische Standards verletzt. Aus Redakteurskreisen wird hingegen vermutet, dass der Kreml-nahe Oligarch Usmanow mit dem Bericht unzufrieden war und die Herausgabe der Quellen forderte. Da die Journalisten dem Wunsch des Eigentümers nicht nachkamen, folgt ihre Entlassung.

Die Wirtschaftstageszeitung machte vor allem in den 1990ern mit unabhängiger Berichterstattung Furore. Im Jahr 2006 übernahm Usmanow die Zeitung – parallel zu autoritären Tendenzen im Land nahm seit 2011 auch der politische Druck auf die Redaktion und Selbstzensur merklich zu. Zuletzt fanden sich im „Kommersant“ immer wieder Artikel, die offiziöse Standpunkte verbreiteten. (APA/som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2019)

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