Wiener Anwalt soll Ibiza-Falle ausgelegt haben

Ausschnitt aus dem Ibiza-Video.
Ausschnitt aus dem Ibiza-Video.(c) APA (Harald Scheider)
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Wer steckt hinter dem Ibiza-Video? Erste Spuren führen zu einer Münchner Detektei und einem Wiener Advokaten, der schon 2015 verfängliches Material über die FPÖ feilgeboten haben soll.

Wer hat das Ibiza-Video in Auftrag gegeben? Wer hat es gemacht und verteilt? Eine erste Spur führte am Dienstag zum Wiener Innenstadtanwalt M. Er hat den Erstkontakt zu jenen Personen gelegt, die Ex-FPÖ-Parlamentsklubobmann Johann Gudenus und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache auf Ibiza in die Falle gelockt haben – und die das verfängliche Video produziert haben.

Aber von vorne, wie Gudenus die Geschichte gegenüber der „Presse" bestätigt: Im September 2016 starb John Gudenus, der Vater des FPÖ-Klubobmanns. Danach wollte die Familie einen Teil ihrer Grundstücke und Wälder im Waldviertel veräußern. Eine befreundete Immobilienmaklerin habe einen Draht zu dem besagten Anwalt hergestellt. Und der wiederum behauptete, eine Lettin zu kennen, die eine solche Liegenschaft suche und auch vorhabe, mit ihren Kindern nach Österreich zu ziehen.

In der Nähe des Stephansplatzes kam es laut Gudenus zu einem ersten Treffen in der Kanzlei des Advokaten, der bei dieser Gelegenheit auch einen Pass der Lettin vorlegte. Ihr angeblicher Name: Aljona Makarowa. Als Beweis für die Zahlungskräftigkeit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen legte der Anwalt einen Beleg vor, der nachweisen sollte, dass die Lettin bereits eine Geldsumme auf ein Treuhandkonto des Anwalts eingezahlt habe.

Bei dem Treffen soll außer ihr auch ein Mann dabeigewesen sein, der sich mit dem Tarnnamen Julian Thaler als Besitzer einer Detektei in München vorstellte. Der echte Name ist der „Presse" ebenso bekannt wie das Sicherheitsunternehmen, das tatsächlich existiert. Die Firma bietet den Einsatz von verdeckten Ermittlungsteams an, um Straftaten aufzuklären. Die Homepage der Detektei ist seit Ende 2018 offline.

Weitere Treffen in Wien

Gudenus traf die vermeintliche Lettin weitere Male in Wien – und noch öfter besagten Thaler. Der FPÖ-Politiker erzählte, dass er und Strache ihre Sommerurlaube gerne auf Ibiza verbringen würden. Die beiden Lockvögel behaupteten, zufällig zur selben Zeit auf der Baleareninsel zu sein. Man traf einander in einer Villa nahe der Inselhauptstadt, trank und redete fast sieben Stunden lang. Mehrere Kameras filmten mit, der Rest ist bereits österreichische Innenpolitikgeschichte. Bei dem Gelage waren wohl auch illegale Substanzen im Spiel, wie Gudenus in einem „Presse"-Interview zugab.

Das verfängliche Material über die FPÖ-Mandatare wurde laut Informationen der „Presse" mehreren Personen angeboten und landete schließlich mit eineinhalb Jahren Verspätung nun bei der „Süddeutschen Zeitung" und dem „Spiegel". Dabei könnte auch der Wiener Anwalt involviert gewesen sein.

Die Wiener Gemeinderatswahl

Es wäre übrigens nicht das erste Mal, dass der Rechtsvertreter versucht haben soll, belastende Bilder und Videos über führende FPÖ-Politiker in Umlauf zu bringen. Nach Informationen der „Presse" passierte ähnliches schon vor der Wiener Gemeinderatswahl 2015. Anwalt M. bot demnach Mittelsmännern mehrerer Parteien gegen einen sechsstelligen Betrag Fotos an, die Strache in einer Garage bei der Übergabe von Bargeld zeigen sollen. Außerdem soll er einen Beweis für den angeblichen Drogenkonsum des damaligen FP-Chefs in Aussicht gestellt haben.

Als Quelle nannte der Anwalt damals einen frustrierten ehemaligen Parlamentsklubmitarbeiter der FPÖ, der sich von Strache an den Rand gedrängt gefühlt habe. Das Geld sei, so soll M. damals erklärt haben, dazu bestimmt sein, diesen Parteifunktionär finanziell „aufzufangen". Die Aktion versandete. Niemand stieg darauf ein – nicht eindeutig genug war das Material, der dafür verlangte Preis zu hoch.

Wer bezahlte?

Unklar ist, wer den Auftrag für das Ibiza-Video erteilte. Es hat den Anschein, dass es für den Wahlkampf 2017 konzipiert wurde, dann aber etwas schief lief. Die Produzenten könnten auf den Kosten sitzen geblieben und nach einem Financier gesucht haben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt verlagerte sich das Geschehen nach Deutschland. Die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel bestreiten, für das Video gezahlt zu haben. Möglicherweise fanden sich im Hintergrund jedoch Investoren.

Die „Presse" fragte den Anwalt, warum er einen gefälschten Pass vorgelegt und bereits ein zweites Mal versucht hätte, derartiges Material zu verbreiten. Seine knappe Antwort: „Ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet."

Mittlerweile hat der Anwalt selbst einen Anwalt: Richard Soyer. Auch er meldete sich später bei der „Presse": „Ich ersuche namens meines Mandanten um Verständnis, dass dieser aufgrund von Verschwiegenheitsverpflichtungen für ein Gespräch bzw. eine Stellungnahme nicht zur Verfügung stehen kann. Bitte beachten Sie, dass mein Mandant keine Zustimmung zu identifizierender Berichterstattung erteilt."

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