Indonesien: Krawalle nach Wahl-Nachwehen

Die Polizei ging mit Gummigeschossen und Tränengas gegen die Demonstranten vor.
Die Polizei ging mit Gummigeschossen und Tränengas gegen die Demonstranten vor.APA/AFP/GOH CHAI HIN
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Anhänger des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Prabowo machen ihrem Unmut Luft. Suhartos Ex-Schwiegersohn hat sich mit Islamisten verbündet.

Wien/Jakarta. Friedliche Proteste, die in Straßenschlachten mündeten; Autos, die in Flammen aufgingen; Steine und Feuerwerkskörper, die in Richtung Spezialeinheiten der Polizei flogen, die wiederum mit Gummigeschossen und Tränengas gegen die Demonstranten vorging. Bilanz der ersten Krawallnacht in Indonesiens Hauptstadt Jakarta rund um die Bekanntgabe des offiziellen Wahlresultats vor fünf Wochen in der drittgrößten Demokratie der Welt: sechs Tote, mehr als 100 Festnahmen und eine vorübergehende Sperre mehrerer Internetseiten. In der Nacht auf Donnerstag gingen die Unruhen in Jakarta weiter.

Es ist ein Déjà-vu-Effekt für die indonesischen Behörden: Schon vor fünf Jahren sind ähnliche Krawalle ausgebrochen, nachdem die Wahlkommission Joko Widodo, genannt Jokowi, zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt hatte. Wahlverlierer Prabowo Subianto, Ex-General und früherer Schwiegersohn des Diktators Suharto, hat das Wahlergebnis angefochten. Nun wiederholt sich das Szenario, obgleich das Wahlergebnis eine deutliche Sprache spricht: 55,5 Prozent der Stimmen entfielen auf den Präsidenten, 44,5 auf Prabowo. Wahlbeobachter konstatierten freie und faire Wahlen, sie fanden keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten oder gar Manipulationen.

Vorsichtsmaßnahme in Jakarta

Nach der Wahl am 17. April auf dem Archipel mit mehr als 17.000 Inseln und 260 Millionen Einwohnern waren Wochen ins Land gegangen, ehe die Wahlbehörde ohne Vorankündigung das offizielle Endergebnis mitteilte. Eine Vorsichtsmaßnahme, denn die Regierung war vorgewarnt: Sie zog mehr als 30.000 Sicherheitskräfte zusammen, um gegen Demonstrationen der Prabowo-Anhänger gewappnet zu sein. Die Protestierenden seien in Bussen nach Jakarta gekarrt worden, bei vielen hätten sich Kuverts mit Geldscheinen gefunden, heißt es in Sicherheitskreisen.

Für den 67-jährigen Prabowo Subianto war es der vierte vergebliche Anlauf ins höchste Staatsamt. Als Schwiegersohn Suhartos war er als Befehlshaber einer Spezialeinheit das blutige Gesicht der Repression in Osttimor. Im Wahlkampf verbündete sich der Ex-Militär mit radikalen islamistischen Kräften, denen Joko zu moderat agiert und wetterte gegen Elite. Der Präsident mit der sanften Stimme und dem Faible für die Heavy-Metal-Band Metallica ist Führer der bevölkerungsreichsten muslimischen Nation: Fast 90 Prozent der Indonesier bekennen sich zum Islam.

Um die Kritik zu entkräften, begab sich „Jokowi“ nach Mekka und postete Fotos der Pilgerfahrt. Wichtiger noch: Der 57-jährige einstige Möbelhändler, der sich leutselig unters Volk mischt, berief den Islamgelehrten Maaruf Amim zum Vizepräsidenten. In einer Ansprache kündigte der Präsident eine Politik der Härte an: „Ich werde keine Störung der Sicherheit und Einheit des Landes und des demokratischen Prozesses dulden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2019)

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