Ein junger Youtuber polemisiert gegen die CDU. Und die deutsche Kanzlerpartei antwortet mit einem Kommunikationsdesaster. Eine Anleitung, wie man es nicht machen sollte.
Die CDU hat jetzt auch ein Video-Problem. Nein, nicht wie Sie denken! Aber kennen Sie Rezo? Er ist 26 Jahre alt, hat blaues Haar, einen orangen Kapuzenpulli und eine Kamera im Zimmer. Rezo ist das, was man einen „Influencer“ nennt: Sehr viele junge Menschen sehen ihm zu, wenn er in Youtube-Videos über eher Belangloses redet. Oder über Politik. Denn kurz vor der EU-Wahl hat Rezo wieder ein Video ins Netz geladen. Es trägt den Titel „Die Zerstörung der CDU“. Der millionenfach angeklickte Beitrag ist eine Melange aus vielen Fakten, Polemik - und vielen maßlosen Übertreibungen. „Ich zeige, dass nach der Expertenmeinung von zigtausenden deutschen Wissenschaftlern die CDU aktuell unser Leben und unsere Zukunft zerstört“, kündigt Rezo zu Beginn des fast einstündigen Beitrags an. Es geht dann um Klimapolitik, Bildung, Militär. Um alles.
Als Journalismus sollte man das Video nicht missverstehen. Aber lassen wir das beiseite. Denn wirklich bemerkenswert ist, wie unbeholfen die CDU im Umgang mit dem Video wirkt, also wie schwer sie sich mit dem Nachwuchs und dessen neuen Kanälen tut.
Die CDU schweigt tagelang. Nicht einmal ignorieren will sie das Video von diesem Rezo, das sich aber längst wie ein Virus im Netz verbreitet. Dann Variante zwei: Der junge CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak spricht von „Falschbehauptungen“ in dem Video, die er aber nicht genauer benennt und daher auch nicht widerlegt. Das wirkt arrogant. Variante drei: CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer versucht es mit Witz: „Ich habe mich gefragt, warum wir nicht eigentlich auch noch verantwortlich sind für die sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab“, scherzt die Christdemokratin angesichts des Vorwurfs-Stakkatos, wobei die eigentliche Pointe ist, dass es ja zehn biblische Plagen waren und nicht sieben.
Parallel dazu ist längst Variante vier angelaufen: Die CDU dreht selbst ein Video. In der Hauptrolle Phillipp Amthor. Er ist der jüngste Bundestagsabgeordnete und 26 Jahre alt. Auf dem Papier. Amthor wirkt aber, vorsichtig formuliert, deutlich älter. Das abgedrehte Amthor-Video wird die Welt nie sehen. Die CDU verwirft die Idee. Denn es gibt Variante fünf: Paul Ziemiak taucht wieder auf. Er muss im Weichspüler gewesen sein. Er bietet nun dem YouTuber eine Diskussion an. "Lass uns über Deine Kritik an der CDU sprechen, aber bitte höre auch uns zu, wie wir die Dinge sehen“, schreibt er betont freundlich. Inzwischen wurde das Video mehr als fünf Millionen Mal aufgerufen.
Die Unbeholfenheit der Politik im Umgang mit der Youtube-Generation schmerzt. Dabei wäre es doch gar nicht so schwer: junge Menschen ernst nehmen und mit ihnen reden, ohne ihnen nach dem Mund zu reden. Wo nötig, mit Fakten dagegenhalten, ohne oberlehrerhafte Arroganz. Und vor allem: Nur nicht jugendlich „cool" wirken wollen. Das geht immer schief.