Die Lange Nacht der Kirchen ist vorbei

Passend zum heutigen Wahlsonntag war Europa Thema.Nicht nur Bischof Alois Schwarz hat sich interessant positioniert.

Was aus dem Bischof geworden ist, der vor nicht allzu langer Zeit Thema einer bemerkenswerten Abfolge von Magazincoverstorys, von Artikeln sonder Zahl in allen relevanten Medien und in TV-Diskussionsrunden war? Bundesweit ist er medial nicht präsent. Das heißt nicht, dass sich Alois Schwarz versteckt. Dafür sieht der in seiner früheren Diözese Kärnten nach der Versetzung mit heftigen Vorwürfen eingedeckte Bischof absolut keinen Grund.

In und rund um St. Pölten bewegt sich der gebürtige Niederösterreicher nun wie ein Fisch im Wasser. Von „Fremdeln“ kann selbst bei schlechtestem Willen keine Rede sein, noch dazu, wo Alois Schwarz von der im Land seit Jahrzehnten dominierenden Partei wenn nicht getragen, so doch mit großem Wohlwollen gesehen wird. Natürlich, wir sprechen von der ÖVP Johanna Mikl-Leitners. Der Bischof hat sich nicht in seine Hauskapelle zurückgezogen. Die war unter seinen Vorgängern nicht einmal einem breiteren Kreis von Mitarbeitern geöffnet. Jetzt hat er diesen sakralen Raum in der soeben veranstalteten Langen Nacht der Kirchen Besuchern gezeigt. Indizien für einen freiwilligen Rückzug des als leutselig geltenden Bischofs, dem von seinem früheren Klagenfurter Domkapitel vorgeworfen wurde, im Zusammenhang mit dem Zölibat erpressbar gewesen zu sein, sehen anders aus.

Auch im Westen hat ein Bischof in sein Haus neben dem Dom in der Langen Nacht der Kirchen eingeladen, diesmal ein völlig unbestrittener. Auch er hat die Hauskapelle für Besucher geöffnet. Drinks und „chillige Gespräche“ hatten die Veranstalter genauso wie ein „seltenes Highlight“, die geöffnete Kellerbar des Bischofs, angekündigt. Wohl denen, die es erleben durften. Man sieht, selbst Bischöfe, die man unter der vermeintlichen Last traditioneller Vorstellungen und kirchenrechtlicher Vorgaben wähnt, besitzen entgegen Vorurteilen die Fähigkeit, sich unkompliziert und einladend der nicht immer nur bösen Außenwelt zu öffnen.

Sich öffnen für eine Nacht: Und was passiert den Rest des Tages? Den Rest des Jahres? Was treiben die Kirchen da? Angebote wie die der Langen Nacht der Kichen werden selten gemacht. Dabei: Tatsächlich werden sie gemacht. Die Aberhunderten österreichischen Pfarren, allein in der Erzdiözese Wien trotz hochtrabender (überschießender?) Fusionsfantasien noch 630, machen wöchentlich, täglich vielfältige Angebote sonder Zahl. Damit sind nicht allein Eucharistiefeiern, Wortgottesdienste, Andachten etc. gemeint. Obwohl gerade Angebote wie diese natürlich genuin kirchlich und erwartbar sind. Egal wie groß der Zustrom ist, die Türen stehen offen. Das Christentum lebt, nicht nur während der Langen Nacht der Kirchen. Und nicht nur, wenn die Öffentlichkeit hinsieht.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2019)

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