Tourismusbetriebe leiden immer stärker unter Fachkräftemangel

APA/ROLAND SCHLAGER
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Drei Viertel der Tourismusbetriebe sind auf der Suche nach Personal. Die unsichere politische Situation bremst Reformen in der Branche.

Der Fachkräftemangel schlägt bei den österreichischen Tourismusbetrieben voll durch: "Derzeit sind drei Viertel der Betriebe auf der Suche nach Fachkräften", betont der Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Markus Gratzer, unter Verweis auf den aktuellen Tourismusbarometer 2019 des Beratungsunternehmens Deloitte und der ÖHV.

Der Tourismusindex, der nach dem Schnulnotensystem erstellt wird, hat sich 2019 gegenüber dem Jahr davor von 2,83 auf 2,88 verschlechtert. Die Stimmung in der Branche sei zwar "grundsätzlich positiv, aber abgeflaut".

Der steigende Bedarf an Köchen, Kellnern & Co. werde durch die Bevölkerungsentwicklung in Richtung Überalterung noch weiter verstärkt. "Die Schere zwischen offenen Stellen und potenziellen Mitarbeitern geht weiter auf", so Gratzer. Für 43 Prozent der österreichweit 250 befragten Unternehmen sei es seit dem Vorjahr "noch schwieriger geworden, Arbeitskräfte zu finden".

Die Leidtragenden sind das bereits vorhandene Personal, von dem dann oft Mehrarbeit verlangt wird, und die Gäste, für die das Leistungsangebot mitunter gekappt wird. Die von der türkis-blauen Regierung eingeführte Neuregelung zur Arbeitszeitflexibilisierung - der 12-Stunden-Tag - ist der Erhebung zufolge "für die Unternehmen schwierig in die Praxis umzusetzen". 61 Prozent der Betriebe bringe das neue Gesetz "keinen unmittelbaren Vorteil".

Die Bilanz für die abgelaufene Wintersaison 2018/19 ist durchwachsen. Für den heurigen Sommer rechnen aber über 68 Prozent der heimischen Betriebe mit höheren Umsätzen gegenüber dem Vorjahr. Zwei Drittel seien mit der Entwicklung des eigenen Betriebes zufrieden, die Mehrheit sei positiv gestimmt.

Untern Strich bleibt wenig

Die Branche kämpft laut Deloitte und ÖHV aber zusehends mit einem Wertschöpfungsproblem. "Personalkosten, bürokratischer Aufwand und die Steuerlast drücken die Erträge", erklärt Andreas Kapferer von Deloitte Tirol. "Auch wenn Nächtigungen und Umsatz steigen, bleibt den Betrieben unter dem Strich zu wenig übrig." Neben dem Fachkräftemangel und der Bürokratie beklagen die Tourismusunternehmen auch eine hohe Steuerlast.

Die Aussicht auf Erleichterungen ist mit dem Zusammenbruch der türkis-blauen Regierung geschwunden. Offen ist etwa der Wunsch nach einer Senkung der steuerlichen Abschreibungsdauer auf Gebäude von derzeit 40 auf 25 Jahre. Doch auch eine österreichweit einheitliche Rechtsregelung zur Registrierungspflicht für Online-Kurzzeitvermieter wie Airbnb, die der Branche immer schärfere Konkurrenz machen, steht auf dem Wunschzettel der Touristiker ganz weit oben. Die politische Instabilität verzögere nun "dringend notwendige Reformen".

Die vergangene Bundesregierung habe "zahlreiche Schritte für den Tourismus gesetzt". Bereits vor der aktuellen Regierungskrise durchgezogen wurde beispielsweise die Senkung des (ohnehin bereits ermäßigten) Mehrwertsteuersatzes auf Nächtigungen von 13 auf 10 Prozent zum Start der Wintersaison 2018/19 (1. November 2018). Durch das vorzeitige Ende der Legislaturperiode besteht nun laut Deloitte und ÖHV die Gefahr, dass "dringend notwendige Impulse auf die lange Bank geschoben werden".

(APA)

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