Trumps riskante Iran-Politik: Blindlings in einen neuen Krieg?

2019 ist nicht wie 2003: Dieses Mal gibt es in den USA viele, die sich nicht zu einem Abenteuer verführen lassen wollen.

Am 1. Mai 2003 verkündete der damalige US-Präsident, George W. Bush, in Pilotenuniform auf dem Deck des vor San Diego ankernden Flugzeugträgers Abraham Lincoln „mission accomplished“, die Mission der US-Streitkräfte im Irak sei erfüllt. Tatsächlich dauerte die Besetzung des Landes durch die USA und ein paar ihrer Verbündeten noch bis 2011 an, kostete etwa eine halbe Million Iraker und 4500 US-Soldaten das Leben. Da sind die weiteren Opfer, die die sektiererische Gewalt, der jahrelange Terror von al-Qaida und Islamischer Staat sowie die Vertreibung des IS bis 2018 gefordert haben, noch gar nicht mitgezählt. Von wegen „Mission erfüllt“ also. Die Intervention der USA im Irak unter dem irreführenden Vorwand angeblicher Massenvernichtungswaffen in Saddam Husseins Händen war, wie es 2003 ein Irak-Kenner in einer ORF-Diskussion beschrieb, wie eine offene Operation an einem intakten Körper. Und dieser Eingriff hat die gesamte Nahost-Region infiziert, die sich bis heute nicht von den Folgen erholt hat.

2019 kreuzt die USS Abraham Lincoln als Flaggschiff eines Kampfverbands in Gewässern um den Iran, dorthin befohlen von der jetzigen US-Regierung von Donald Trump. Mit einer Demonstration militärischer Stärke glaubt er das Regime in Teheran in die Knie zwingen zu können. Nur ist Trump von seinen eigenen Leuten und von seinen Verbündeten in Nahost offensichtlich genauso miserabel beraten wie 2002/3 der damalige Präsident Bush. Ein Krieg gegen den Iran würde noch viel katastrophalere Folgen haben als die US-Militärintervention im Irak 2003.

Aber 2019 ist nicht 2003. Damals ließ sich eine ganze Nation von der eigenen Regierung zu einem militärischen Abenteuer verleiten, es gab nur wenige Stimmen, die vor einer Militäraktion warnten. Das ist diesmal völlig anders. Gerade auch die Demokraten haben aus dem Fehler, sich von einer kriegslüsternen Regierung verführen zu lassen, gelernt. Deshalb hinterfragen sie die Geheimdienstinformationen über angeblich vom Iran ausgehende Bedrohungen auch kritisch, die ihnen Regierungsvertreter präsentieren.

Selbst Journalisten, die damals der Bush-Regierung mit fliegenden Fahnen ins Irak-Abenteuer gefolgt sind, warnen dieses Mal. „Der Irak-Krieg 2003 wurde mit unbekümmerten Annahmen, kultureller Ignoranz und leichtsinnigen Planungen in die Wege geleitet. Aber im Vergleich mit dem Tempo, mit dem gerade die Konfrontation mit dem Iran angestrebt wird, schaut der Irak-Krieg wie ein Meisterstück sorgfältiger Planung aus“, schreibt auf der Website von „The Atlantic“ der konservative Publizist David Frum, der für George W. Bush einst Reden geschrieben hat. Aus seinen Erfahrungen mit dem Irak-Krieg nennt er Trumps Kriegsprojekt gegen Iran „völlig verrückt“ und rät dringend: „Tun Sie das nicht!“

Stephen M. Walt, Politikwissenschaftler an der Harvard University, beklagt in „Foreign Policy“, es sei völlig unklar, was die US-Regierung mit ihrer Iran-Politik überhaupt bezwecke. Walt spekuliert selbst: Entweder (a) sei das ganze nur Theater, solle (b) Druck ausgeübt werden, dass der Iran in ein neues Atomabkommen einwillige, sei (c) ein Regimewechsel bezweckt, solle (d) ein Vorwand für einen Präventivkrieg geschaffen werden oder (f) gehe es um die weitestgehende Eindämmung des Iran. Alle diese Optionen seien mit großen Risken verbunden. Und Walt fragt, wieso es eigentlich im Interesse der USA sein sollte, ein Problem, das vor allem Saudiarabien und Israel mit dem Iran haben, aus der Welt zu schaffen.

E-Mails an: burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2019)

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