Attacke auf Holocaust-Bilder: Drei Mahnwachen angekündigt

Luigi Toscano / Facebook
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In der Nacht auf Montag wurden schon zum dritten Mal Teile der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ attackiert. Die Caritas, die Muslimische Jugend und Künstler wollen nun die Bilder „pausenlos“ bewachen.

Auf der Wiener Ringstraße sind Teile einer Ausstellung zur Erinnerung an die Opfer der NS-Gräuel schon zum dritten Mal beschädigt worden. Die Porträtfotos von Überlebenden der NS-Verfolgung wurden offenbar in der Nacht auf Montag zerschnitten - nur wenige Tage nachdem sie mit Hakenkreuzen beschmiert und beschädigt worden waren. Die Ausstellung „Gegen das Vergessen" des deutsch-italienischen Fotografen und Filmemachers Luigi Toscano ist seit Anfang Mai zu sehen. Der Künstler postete Bilder der zerstörten Portäts auf Facebook, mit der Frage: „Österreich, was ist los mit dir?“ Nun sollen drei Mahnwachen die Bilder rund um die Uhr bewachen.

Die Foto-Ausstellung  ist direkt auf der Ringstraße vor dem Heldenplatz platziert und bis Ende Mai zu sehen. Sie wurde vom Zentrum Esra, das seit 25 Jahren Überlebende der NS-Verfolgung und andere traumatisierte Menschen betreut und behandelt, nach Wien geholt. Am 7. Mai hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Ausstellung eröffnet.

Bereits einige Tage nach der Ausstellungseröffnung wurden mehrere Porträts mit Messern beschädigt, gab Esra vergangene Woche bekannt. Vergangenen Woche, am 21. Mai, beschmierten dann Unbekannte  mehrere Tafeln unter anderem mit Hakenkreuzen. Diese Verunreinigungen konnten entfernt werden. Nun wurden zumindest drei von 100 Bildern komplett zerstört, Ersatzbilder dafür wird es laut Esra nicht geben.

ESRA: Solchen Menschen Geschichte erklären

„Diese Aggression gegen Menschlichkeit und Würde, diese Respoktlosigkeit vor der Kunst und vor allem vor den porträtierten Menschen macht uns sehr betroffen“, sagt Peter Schwarz, der Geschäftsführer des Zentrum ESRA. Die Ausstellung sei schon in vielen Städten, in den USA wie in Europa, gezeigt worden, derartige Zerstörung gab es bisher nirgends.

Auch, „wenn es sicher nur wenige sind, die in Wien so aggressiv reagieren“ sei man darüber bestürzt. Schwarz fordert nun von den Behörden Aufklärung - und eine Sicherung der Ausstellung. Es sei Aufgabe der Polizei, die geeigneten Schutzmaßnahmen zu finden, um derartige Attacken zu verhindern. Ob das heißt, dass die Ausstellung von Beamtem bewacht werden muss oder Kameras installiert werden, sei Sache der Polizei, sagt Schwarz. „Das erwarte ich von den Behörden, das zu klären. Es kann nicht die Aufgabe von Ausstellungsmachern sein, sich neben die Bilder zu stellen, damit sie niemand zerstört.“ Die Ausstellung laufe in Wien ohnehin nur noch wenige Tage.  

Polizei prüft Videoüberwachung

Das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) ermittelt nun. "Es wird überprüft, ob der Platz möglicherweise durch Videoüberwachung abgedeckt sein könnte", sagte Polizeisprecher Harald Sörös.

"Tief betroffen" zeigte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dass es Menschen gebe, „die mit der Wahrheit und dem Mahnen, das diese Fotos ausdrücken, nicht umgehen können, ist erschütternd. Es muss für uns Ansporn sein, Empathie und Menschenwürde in das Zentrum von Worten und Taten zu stellen", twitterte der Bundespräsident. "#NiemalsWieder darf nicht zur Floskel werden - wir müssen es täglich leben!", forderte Van der Bellen.

Die Ausstellungsmacher haben nach den Attacken allerdings auch viel Zuspruch und Unterstützung erfahren. „Das spornt uns an weiterzumachen, wir wollen die Ausstellung jetzt auch in anderen Landeshauptstädten zeigen“, sagt Schwarz im Gespräch mit der „Presse“. Schließlich sei es abgesehen von der Aufklärung und von einer Bestrafung unerlässlich, solchen Menschen die Geschichte zu erklären und auch, welches Leid das NS-Regime, seine Anhänger und Mitläufer über Millionen von Menschen brachte. 

Drei Mahnwachen bis Ende Mai

Nach Bekanntwerden der Beschädigungen sind am Montag gleich drei Mahnwachen angekündigt worden, die die Bilder bis zum Ende der Ausstellung am 31. Mai beaufsichtigen wollen.

Das Performancekollektiv Nesterval wolle die Kunstwerke bis Ende der Ausstellung „pausenlos“ bewachen, man werde sich alle zwei, drei Stunden ablösen. Die Muslimische Jugend Österreich rief zu einer Nachtwacheaktion auf, denn speziell Muslime "sind zu dieser Zeit wach, weil sie ihr Fasten brechen, das Nachtgebet verrichten und sich für den neuen Fastentag vorbereiten", hieß es in einem Facebook-Posting. Die Caritas rief ebenso unter dem Motto "Wir passen auf!" zur Mahnwache auf.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) reagierte in einer Aussendung am Montag "entsetzt und betroffen" über die neuerliche Beschädigung der Erinnerungsbilder. Auch Caritas-Präsident Michael Landau verurteilte die Zerstörung: "Unfassbar und beschämend!", schrieb er auf Twitter. Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, forderte auf Twitter Konsequenzen. Die SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, Sabine Schatz, zeigte sich in einer Aussendung erschüttert und kündigte eine parlamentarische Anfrage zum Stand der Ermittlungen an.

(twi/cim/APA)

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