Strache hat dank Vorzugsstimmen Anspruch auf EU-Mandat

++ ARCHIVBILD ++ EU-RAT JUGEND, BILDUNG, KULTUR UND SPORT: STRACHE (FPOe)
++ ARCHIVBILD ++ EU-RAT JUGEND, BILDUNG, KULTUR UND SPORT: STRACHE (FPOe)APA/JOHANNES BRUCKENBERGER
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Der Ex-FPÖ-Chef könnte über ein Direktmandat den Sprung ins EU-Parlament wagen. Die dafür nötigen Vorzugsstimmen hat er geschafft. Strache meinte auf Facebook, das Mandat annehmen zu wollen - dann löschte er den Eintrag wieder.

Der abgetretene Vizekanzler Heinz-Christian Strache könnte dank gutem Vorzugsstimmenergebnis ins EU-Parlament einziehen. Strache hat am Sonntag nämlich am letzten Listenplatz der FPÖ kandidiert. Stand Montagnachmittag waren bereits mehr als 33.500 Vorzugsstimmen für ihn ausgezählt. Das sind mehr als die erforderlichen fünf Prozent aller abgegebenen Stimmen für die FPÖ, um eine Vorreihung zu erzwingen. Die Kandidatur auf dem letzten Platz war ursprünglich ein symbolischer Akt als Parteichef.

Ausgezählt waren bisher die Vorzugsstimmen in Wien, Niederösterreich, teilweise der Steiermark, Oberösterreich und Salzburg. Noch nicht vorliegend waren vorerst jene aus Tirol, Vorarlberg, dem Burgenland und Kärnten sowie die per Briefwahl abgegebenen Vorzugsstimmen. Dem ORF-Journalisten Martin Thür zufolge hat Strache gar schon 37.448 Vorzugsstimmen fix.

Strache ist am 42. Listenplatz der FPÖ angetreten - eine nicht unübliche Solidaritätskandidatur, die er wegen des knappen Fristenlaufs nach seinem Rücktritt nicht mehr rückgängig machen konnte. Strache war nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ als Vizekanzler und als FPÖ-Chef abgetreten; er hatte sich auch von der Nationalratswahlliste von 2017 streichen lassen, wodurch er das Rückkehrrecht ins Parlament aufgab - sowie einen Anspruch auf eine etwaige Gehaltsfortzahlung.

Das Ersuchen um Streichung von der Wahlliste erfolgte unmittelbar nach Straches Demissionierung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Eine Streichung von der EU-Wahlliste könnte Strache erst wieder am 12. Juni nach der Feststellung durch die Bundeswahlbehörde veranlassen.

Facebook-Eintrag Straches sorgt für Verwirrung

Nicht bekannt ist bisher, ob Strache ein Vorzugsstimmenmandat annehmen wird. Aus der Partei war vorerst dazu keine Auskunft zu erhalten. Am Abend machten dann Screenshots eines Facebook-Eintrags die Runde, die zeigen sollen, dass Strache auf seinem offiziellen Profil offenbar mitgeteilt hatte, das Mandat anzunehmen, den Eintrag dann aber wieder löschte.

Strache schrieb in dem gelöschten Beitrag von einer demokratiepolitischen Verpflichtung und „großem Vertrauen der Bürger“ in ihn, was ihn dazu bringe, das EU-Mandat anzunehmen.

Gamon fordert Strache zu Verzicht auf

Die künftige EU-Abgeordnete der Neos, Claudia Gamon, fordert Strache am Montagnachmittag zum Verzicht des Mandats auf. "Jemand, der unter Korruptionsverdacht steht, hat in der Politik nichts verloren", sagte Gamon.

Strache habe im „Ibiza-Video“ „unmissverständlich bewiesen, dass er für jedes politisches Amt völlig ungeeignet ist“. Er sei bereits von all seinen Funktionen zurückgetreten. „Im Sinne des Anstands muss er auch auf das Mandat im Europäischen Parlament verzichten. Alles andere wäre auch eine Blamage für das Ansehen Österreichs bei unseren europäischen Freundinnen und Freunden“, richtete Gamon dem früheren Vizekanzler und FPÖ-Chef aus.

Haimbuchner will Strache Entscheidung überlassen

Innerhalb Straches Partei meldete sich zunächst der oberösterreichische Parteichef und Landeshauptmann-Stellvertreter, Manfred Haimbuchner, zu Wort: Es sei Strache selbst überlassen, ob er das Mandat annehme.

Er bleibe zwar bei seinem Standpunkt, dass Strache keine FPÖ-Funktion mehr bekommen sollte, aber bei einem direktdemokratisch erworbenen Mandat müsse das derjenige entscheiden, der es erhalten habe, ergänzte Haimbuchner.

Strache statt Steger?

Endgültig vorliegen wird das offizielle Vorzugsstimmenergebnis für die EU-Wahl erst am Dienstag oder Mittwoch. Schon am Montag zu Mittag hatte Strache bereits über 22.000 Stimmen auf sich vereint - und zwar alleine in Wien, Niederösterreich und Salzburg, und auch hier noch ohne Briefwahlstimmen.

Blauer Vorzugsstimmenkaiser ist in diesen drei Ländern bisher zwar Spitzenkandidat Harald Vilimsky mit rund 25.500 Stimmen. Schafft Strache aber die Fünf-Prozent-Hürde, würde er hinter Vilimsky gereiht. Das brächte die Listendritte, die Abgeordnete Petra Steger, um den Wechsel ins EU-Parlament. Die FPÖ-Riege wäre dann rein männlich, mit Vilimsky, Strache und Georg Mayer. Die FPÖ hat nämlich bei der Wahl eines ihrer bisher vier Mandate eingebüßt.

Strache meldete sich per Video

Strache hatte das Abschneiden der FPÖ bei der EU-Wahl "angesichts des niederträchtigen Dirty-Campaignings ein mehr als respektables Ergebnis“ bezeichnet. "Danke für Eure Stimme und das Vertrauen trotz der miesen kriminellen Intrige gegen mich und damit auch gegen die FPÖ!", schrieb er in der Nacht auf Montag auf Facebook.

"Wir bleiben weiterhin an der Klärung dieses Kriminalfalles dran! Jeder Mittäter und die Auftraggeber werden hoffentlich auffliegen und ihre gerechte Strafe bekommen!", heißt es in dem Posting weiter.

Verziehen haben dürfte ihm auch der Sprecher der rechtsextremen Identitären, Martin Sellner. Er hatte auf Twitter zur Wahl Straches bei der EU-Wahl aufgerufen: „Unsere Rache: Vote Strache“, reimte er.

(APA/Red.)

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