Hannes Reichelt: Alpiner Saubermann gerät ins Visier

Jänner 2018 in Kitzbühel: Hannes Reichelt nimmt die Streif unter die Lupe.
Jänner 2018 in Kitzbühel: Hannes Reichelt nimmt die Streif unter die Lupe.(c) EXPA/APA/picturedesk.com
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Skistar Hannes Reichelt wurde im Zuge der „Operation Aderlass“ einvernommen. Seine Verbindung zu einem umstrittenen Trainer bringt den Kitzbühel-Sieger in Erklärungsnot.

Wien. Die „Operation Aderlass“ hat den alpinen Skisport erreicht. Was bisher bekannt ist: Hannes Reichelt, 38-jähriger Salzburger, Kitzbühel-Sieger von 2014 und Super-G-Weltmeister von 2015, ist am Freitag von Beamten des Bundeskriminalamts einvernommen worden. Wie sein Anwalt Hans-Moritz Pott erklärte, ging es in der Befragung darum, dass Reichelt verbotene Medikamente geordert haben soll. Also nicht um Blutdoping, das im Zentrum der bei der Nordischen WM in Seefeld losgetretenen Doping-Causa steht.

Reichelt hat die Vorwürfe in der Einvernahme und öffentlich in Abrede gestellt. „Nie, nie nahm ich irgendwelche verbotenen Substanzen ein“, wird er in der „Kronen Zeitung“ zitiert. Der ÖSV-Athlet werde keine weiteren Kommentare abgeben, hieß es vonseiten des Skiverbandes. Reichelt habe aber auch dem ÖSV versichert, dass die Behauptungen gegen ihn nicht zutreffen würden.

Einvernommen wurden am Freitag aber auch ein ehemaliger Langlauf-Trainer und ein Servicemann. Beim Trainer soll sich um den immer wieder in Zusammenhang mit Doping-Verdachtsfällen genannten Gerald Heigl handeln, beim Servicemann dem Vernehmen nach um Emanuel M., zuletzt beim Schweizer Skiverband für Langlauf-Olympiasieger Dario Cologna zuständig.

Über den Trainer wurde die Untersuchungshaft verhängt, der Servicemann hingegen ist auf freiem Fuß. Wie die Staatsanwaltschaft Innsbruck mitteilte, habe sich bei beiden Befragten der Verdacht ergeben, dass Sportler vermittelt und beim Doping unterstützt wurden.

Während der Trainer schwieg, hat der Servicemann umfangreiche Angaben gemacht. Zu den mutmaßlich betreuten Athleten gab es keine Informationen. Soweit die am Montag bekanntgewordenen Vorgänge.

Die einzige Verbindung zwischen Reichelt und „Operation Aderlass“ wäre demnach Trainer Gerald Heigl. Die beiden kennen sich aus Schulzeiten, Heigl hat von 2005 bis zuletzt die Trainingspläne des Ski-Stars gemacht.

Brisant dabei: Heigl war Vertrauenstrainer der Langläufer Michail Botwinow und Christian Hoffmann, amtierte beim Dopingfall Harald Wurm als ÖSV-Cheftrainer und betreute nach seinem Ausscheiden aus dem Verband die in Seefeld festgenommenen Max Hauke und Dominik Baldauf privat. Dopingsünder Johannes Dürr gab an, von Heigl einst mit Epo versorgt worden zu sein. Für Heigl gilt die Unschuldsvermutung.

„Alle Tests negativ“

Reichelt-Anwalt Pott wartete am Montag auf Akteneinsicht, erklärte gegenüber der „Presse“ aber: „Das Ganze kommt aus dem Langlauf-Lager. Die behaupten, dass auch ein Alpiner beteiligt wäre, und da schwirrt der Name Reichelt herum. Alles sehr unkonkret.“ Die Zusammenarbeit zwischen Reichelt und Heigl habe sich jedenfalls auf die Trainingspläne beschränkt, auch seien seit Jahren alle Dopingtestes des Salzburgers negativ. „Er ist aus allen Wolken gefallen, als die Beamten vor der Tür gestanden sind.“ (Die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada gab keine Stellungnahme ab.)

Noch im Winter wurde auch Biathlet Dominik Landertinger von Heigl betreut. Im März trennte sich der ÖSV-Athlet von seinem „Berater“. Wieso hat Reichelt diesen Schritt nicht gesetzt, nachdem Heigl ins Visier der Ermittler geriet? „Im Nachhinein ist man immer gescheiter“, sagt Anwalt Pott. Aber: „Es hat überhaupt keine Anlässe gegeben. Es ist nie über Doping gesprochen worden.“ Auch der ÖSV, der Wert darauf legt, sich 2017 von Heigl getrennt zu haben, hat den Trainer danach offenbar weiter in seinem Umfeld geduldet.

Mit Reichelt besteht nun ein Anfangsverdacht gegen einen als Musterprofi geltenden Skistar. Der 38-Jährige hatte das Amt des Athletensprechers inne, ehe er im Jänner enttäuscht abdankte („Weil man nichts bewegen kann“). Anfang April ist Reichelt erstmals Vater geworden. Trotz einer für seinen Verhältnisse – Reichelt war schon 2007/08 Gesamtsieger der Super-G-Wertung – enttäuschender Saison ohne Weltcup-Podestplatz hatte der Routinier aus Radstadt erklärt, auch im kommenden Winter am Start stehen zu wollen.

Operation Aderlass

Die Blutdoping-Affäre wurde im Februar bei der Nordischen WM in Seefeld losgetreten. Mutmaßlich sind 21 Sportler verwickelt. 15, darunter die Langläufer Hauke, Baldauf und Dürr, sind bereits bekannt. Im Rahmen der Verdachtsprüfung ist nun Skirennläufer Hannes Reichelt befragt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2019)

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