Polens Luftwaffe soll doch F-35-Kampfjets bekommen

F-35 auf der Hill Air Force Base im US-Staat Utah
F-35 auf der Hill Air Force Base im US-Staat UtahImago
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Bei dem seit 2017 laufenden Großbeschaffungsprogramm „Harpia" dürften nicht die anfangs genannten Favoriten F-16 und Eurofighter Typhoon zum Zuge kommen. Dahinter wird auch eine einschlägige Marketingoffensive der US-Regierung stehen.

In Polen haben sich vor kurzem aufgekommene Gerüchte und Berichte über eine überraschende Neubeschaffung für die Luftwaffe bestätigt: Man wolle 32 US-Mehrzweckkampfflugzeuge des Herstellers Lockheed Martin vom Typ F-35A „Lightning II" erwerben, um ältere Maschinen russischen Typs zu ersetzen, sagte Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak am Dienstag.

"Wir haben heute eine unverbindliche Anfrage („request for quotation, Anm.) an unsere amerikanischen Partner abgeschickt, bei der es um 32 F-35A samt Logistik- und Ausbildungspaket geht", twitterte Blaszczak.

Vizeverteidigungsminister Wojciech Skurkiewicz hatte die Absicht bereits vor rund einer Woche konkretisiert, doch gab es in den USA und Polen schon vor einigen Monaten einschlägige Berichte. Es gehe um die Lieferung der hochmodernen US-Jets mit Stealth-Eigenschaften in zwei Wellen, beginnend 2026. Die Neubeschaffung sei ein „Wendepunkt" für Polens Luftstreitkräfte.

MiGs und Suchois scheiden aus

Sein Chef, Blaszczak, dürfte in der Tat bereits (oder spätestens?) am 17. Mai mit Topmanagern von Lockheed Martin den Weg für die Beschaffung freigemacht haben. Die Typenwahl scheint jedenfalls für Außenstehende einigermaßen überraschend, weil für den Ersatz von (nach Zahlen von 2018) bis zu 63 Flugzeugen der russischen Typen MiG-29 „Fulcrum" und Suchoi Su-22 „Fitter" - im Vorjahr etwa zwei Drittel aller polnischen Kampfjets (abgesehen von den Trainingsmodellen) - primär modernisierte gebrauchte F-16 von Lockheed Martin oder neue Eurofighter Typhoon im Gespräch waren.

Der Beschaffungsprozess war Ende 2017 unter dem Namen "Harpia" gestartet worden (Die Presse berichtete) und hatte den Ersatz der seinerzeit etwa 31 einsatzbereiten Mehrzweckjets MiG-29 "Fulcrum" sowie der etwa 32 schon sehr angejahrten „Fitter"-Jagdbomber zum Ziel (es sind mittlerweile weniger). In beiden Fällen macht auch das Zerwürfnis zwischen Russland und dem Westen bzw. der Nato den Fortbetrieb dieser Flugzeuge für die Polen schwierig, nicht zuletzt wegen der Ersatzteilfrage.

Iwan Orlik/http://forum.scramble.nl

Die 36 polnischen F-16C "Fighting Falcon" von Lockheed Martin sind nicht betroffen. Insgesamt hatten die Polen im Rahmen der "Peace Sky"-Kooperation in den 2000er-Jahren 48 F-16 von den USA in den Varianten C/D Block 52+ übernommen.

Ein Bericht des Magazins "The Aviationist" von Ende 2017 wies als möglichen Nachfolger auf die topmoderne F-16-Variante "F-16V" hin, wobei es sich nicht zwingend um Neubauten, sondern um die Umrüstung gebrauchter Maschinen auf höhere Leistung hätte handeln können. Auch hätte der europäische Eurofighter-Konzern damals in Polen bereits mit "Werbemaßnahmen" begonnen.

2017 gab es noch Dementis

Berichte polnischer Medien, dass die Militärs indes die F-35 ins Auge gefasst haben könnten - angeblich zu 32 Stück - wurden damals noch als „wenig substanziell" und "nicht ins Gesamtsystem der polnischen Luftwaffe passend" bezeichnet.

Polen hatte 2016 ein Aufrüstungs- bzw. Modernisierungsprogramm im Umfang von fast 50 Milliarden Dollar (ca. 45 Mrd Euro) ins Leben gerufen, das mit Verweis auf die vorgebliche Bedrohung durch Russland unter anderem Fliegerabwehrwaffen, weitreichende Raketenartillerie, schwere Granatwerfer, Kampfhubschrauber, U-Boote und Computer für die Cyberkriegsführung umfasst.

Die USA forcieren umgekehrt ihre F-35-Verkäufe massiv, zuletzt wurden unter anderem als potentielle Abnehmer auch Spanien, Rumänien und eben Polen genannt.

Montage von F-35 in Fort Worth (Texas)
Montage von F-35 in Fort Worth (Texas)imago images / ZUMA Press

Als reiner Stückpreis für landgestützte F-35A-Modelle werden etwa 85 Millionen Dollar (76 Mio. Euro) angegeben. Die Flugzeuge werden auch in zwei Varianten für Flugzeugträger gebaut und sind aktuell oder absehbar in einem Dutzend Staaten im Einsatz, darunter in Großbritannien, Italien, Dänemark, Australien, Japan und Israel. Eine Großauslieferung an die Türkei (mehr als 100 Maschinen) könnte in Kürze scheitern, weil es einen schweren Streit wegen des Kaufs russischer Flugabwehrraketen des Systems S-400 „Triumf" durch die Türkei gibt.

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