Gold hängt in kritischer Zone fest

Gold als Versicherung
Gold als Versicherung(c) Clemens Fabry
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Viele Investoren warten auf eine Entscheidung auf dem Goldmarkt. Wenn es aufwärts geht, dann rasch, sagen die Experten Ronald Stöferle und Mark Valek. Aber noch steckt Gold fest.

Wien. Vier Mal ist der Goldpreis seit 2013 in den Bereich von 1360 bis 1400 Dollar gestiegen – und vier Mal war der Widerstand dort zu groß. Es ist diese Marke, die die Goldexperten Ronald Stöferle und Mark Valek genau im Auge haben.

„Weil wir von vielen Gesprächen mit Investoren wissen, dass sie an der Seitenlinie sitzen. Teilweise mit viel Geld. Und alle schauen auf diese kritische Zone“, so Stöferle am Dienstag bei der Vorstellung des neuesten „In Gold We Trust“-Reports.

Das 300 Seiten lange Epos gilt als Standardwerk in der Goldszene. Mit rund 1,8 Millionen Downloads für die Ausgabe von 2018 dürfte der Report überhaupt zu den meistgelesenen Goldstudien weltweit gehören, mutmaßt Stöferle, der in seiner Zeit bei der Ersten zum Goldspezialisten wurde und inzwischen gemeinsam mit Valek bei der Fondsgesellschaft Incrementum aus Liechtenstein tätig ist.

„Was wir derzeit sehen, erinnert uns stark an 2008 bis 2009, als wir lang unter der Marke von 1000 Dollar festgehangen sind“, so Stöferle. Freilich: Damals war Gold im Aufwind. Aktuell befindet sich der Preis immer noch in der Korrekturphase nach dem Hoch von rund 1900 Dollar im Jahr 2011. Sollte es dem Goldpreis im nächsten Anlauf gelingen, aus der Widerstandszone auszubrechen, wäre ein Ziel von rund 1800 Dollar denkbar, so die Experten. „Aber noch erweist sich die Marke als charttechnischer Rubikon.“

Versicherung im Portfolio

Katalysatoren für einen neuen Anstieg des Goldpreises sehen die Experten viele. „Der Einbruch an den Börsen Ende 2018 hat das schier grenzenlose Vertrauen in die Aktienmärkte erschüttert. Die Rezessionswolken verdichten sich“, so Stöferle. Gold habe seine Rolle als Portfolioversicherung im ruppigen Umfeld 2018 bestätigt, der Preis ist um rund 2,7 Prozent gestiegen. Auf Eurobasis ist das Edelmetall heuer auch schon wieder 3,7 Prozent im Plus. Am Dienstag stand der Goldpreis bei rund 1144 Euro pro Unze. Die Fixierung auf den Dollar-Goldpreis sehen die Experten als Problem. Das würde überdecken, dass sich in anderen Währungen ganz andere Geschichten abspielen. In kanadischem und australischem Dollar stünde Gold aktuell sogar auf einem Allzeithoch.

(c) GK

Auch langfristig habe Gold sich beweisen können, rechnet Stöferle vor: „Seit der Einführung des Euro als Buchgeld legte der Goldpreis in Euro um 356 Prozent zu, was einem jährlichen Anstieg von immerhin 7,8 Prozent entspricht.“ Sollte es zu einer Rezession kommen, sei davon auszugehen, dass Gold weiter profitiert. „Die Normalisierung der Geldpolitik, von der lange Zeit gesprochen wurde, also die Rückführung der großen Zentralbank-Geldmengen, steht jetzt auf der Kippe“, glaubt Valek.

Im Report wird im Detail auf die Möglichkeiten der Notenbanken eingegangen, ihre Politik in der nächsten Krise noch weiter zu lockern. Das reicht von Zinssenkungen (dort, wo sie möglich sind, etwa in den USA) über Negativzinsen bis hin zu extremen Ideen wie Helikoptergeld oder „Modern Monetary Theory“, eine Chiffre für die Staatsfinanzierung durch die Notenpresse. Japan würde zeigen, dass der Weg dorthin weise, so Valek und Stöferle: „Wenn die Rezessionswolken sich verdichten, dann werden die Notenbanken nicht tatenlos zusehen.“

Dazu kommt, dass die Notenbanken selbst im vergangenen Jahr so viel Gold gekauft haben wie seit Jahrzehnten nicht. Auch heuer sollen es wieder mehr als 600 Tonnen sein. „Die Welt emanzipiert sich immer mehr vom Dollar als Leitwährung“, sagt Stöferle. Dieser Vertrauensverlust sollte die Goldnachfrage weiter antreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2019)

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