Zwischen Märtyrerbonus und Entzauberung: Nach der Absetzung des Kanzlers setzen die Fraktionen auf unterschiedliche Taktiken.
Wien. Er werde nicht ÖVP-Klubobmann im Parlament. Ja, er werde nicht einmal das ihm nach dem Ausscheiden aus der Regierung wieder zustehende Nationalratsmandat annehmen. Das ließ der nunmehrige Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Dienstag wissen. Doch warum will der Parteichef nicht ins Parlament? Dahinter steht Taktik, so wie alle Parteien sich im Vorfeld des Nationalratswahlkampfs bereits mit unterschiedlichen Plänen in Stellung bringen. Ein Überblick.
ÖVP: Der Gefallene als Märtyrer
Bei den Türkisen ist schwarzsehen verboten. „Das Parlament hat bestimmt. Das Volk wird entscheiden!“, postete die Partei nach der Kanzlerabsetzung auf ihren Social-Media-Kanälen. Das ist ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf. Kurz soll als jener Mann präsentiert werden, den die Bürger als Kanzler wollen. Als die Person, die unabhängig von einem Amt staatstragend agiert. Scharmützel, die Kurz als Klubchef führen müsste, sollen dieses Bild nicht stören, als politische Privatperson kann Kurz leichter in die Wahl gehen. Passend zu dem gewünschten Image verlautbarte die ÖVP am Dienstag, Kurz werde auf Gehaltsfortzahlungen verzichten. Dabei hätte Kurz schon per Gesetz gar kein Recht auf eine Fortzahlung der Kanzlerbezüge, weil er nach dem Ausscheiden aus dem Amt in den Nationalrat wechseln könnte.
Der Gegner im Wahlkampf wurde auch schon ausgerufen: Es ist die rot-blaue Achse, die den türkisen Kanzler gestürzt habe.