Amanshausers Album: Rauchfrei

Absolutes Rauchverbot an Bord ist bei Airlines selbstredend. Trotzdem braucht es Zeichen und ausgesprochene Verbote.
Absolutes Rauchverbot an Bord ist bei Airlines selbstredend. Trotzdem braucht es Zeichen und ausgesprochene Verbote.(c) Getty Images/iStockphoto (Saisampankaye)
  • Drucken

Nichtraucherschutzgedanken – oder wieso selbst neue Flugzeugtoiletten Aschenbecher haben.

In Flugzeugen herrscht aus Sicherheits- und juristischen Gründen Asch- enbecherzwang. Die brasilianische Fluglinie VARIG hatte 1973 für den Anlassfall gesorgt – wegen starker Rauchentwicklung musste Flug 820 in Paris-Orly notlanden, nur elf von 134 Personen entkamen den Brandgasen. Eine Zigarette im Müll hatte das Desaster ausgelöst. Danach erließen die Luftfahrtbehörden die Vorschrift, in jeder Toilette seien Aschenbecher anzubringen – sie gilt heute noch, damit sich verbotene Zigaretten nicht in den Müll verirren – während in neuen Maschinen Aschenbecher in den Armlehnen Standard wurden.

Bei meinem ersten Flug, 1985, beeindruckten mich zwei Dinge besonders: Die Tatsache, dass Flugzeuge lang und dünn waren – aus irgendeinem Grund hatte ich mir eine Bestuhlung wie in einem Kinosaal vorgestellt – und das Nachtlokalflair, diese Rauchwolke über den Köpfen. Nahezu jeder Erwachsene schien sich eine Zigarette anzuheizen. Obwohl kindlicher Nichtraucher, sah ich das positiv. Fliegen war drogenaffin, cool, und sämtliche Kleidungsstücke in den Neunzigerjahren sonderten ohnehin den Geruch ihrer Epoche ab, kalten Rauch.

Manchmal begegnet man heute noch Armlehnen-Aschenbechern, doch der graue Dunst hat sich vom Zentrum der Flugwelt an ihre Ränder verlagert. Allein die Verbotsdurchsagen bei Start und Landung erinnern an den einstigen Rauchexzess. Vielleicht steckt die Tabakindustrie hinter diesen verführerischen Zauberformeln, ich vermute ja dahinter ein gezieltes Triggern der Nikotingier.

Wenn ich heute an einem der Glaskämmerchen vorbeigehe, in denen die Airports ihre Raucherinnen und Raucher konzentrieren (Copyright des Verbs: u. a. ein Ex-Innenminister), wird mir zweierlei klar – politische Entscheidungen können die Welt zum Besseren verändern, und unsere Freiheit braucht gesetzliche Rahmenbedingungen. Diese Orte erwecken in mir jedoch auch ein ambivalentes Gefühl zwischen Schadenfreude, Mitleid und Scham. Gehört die Zurschaustellung von Suchtopfern durch entlarvende Architektur zum Erziehungsprogramm unserer brave new world? Geht das nicht eleganter?

www.amanshauser.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.