Die Nebenzimmer-Ruferin

(c) Carolina Frank
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Zu einem der schwierigsten Aspekte im Zusammenleben gehören die Rufe aus dem Nebenzimmer.

Zu einem der schwierigsten Aspekte im Zusammenleben gehören die Rufe aus dem Nebenzimmer. Sie sind entweder unverständlich („Scha-atz, bitte könntest du nuschelnuschelnuschel") oder leicht zu durchschauen („Scha-atz, wo ist der Schraubenzieher?"). In beiden Fällen ist die Absicht klar. Der Partner soll nicht gemütlich am Sofa der Fußballtrainerrunde lauschen, sondern herkommen. Das neue Ikea-Regal zusammenbauen oder einem wenigstens beim Abendessen-Kochen Gesellschaft leisten. Psychologen bezeichnen das gern als „Herholen der Mutter". Ja, genau, es wird normalerweise von Babys angewandt. Aber es funktioniert. Babys sind bekanntlich die besten Erpresser der Welt. Natürlich, wenn das Zusammenleben weiter fortgeschritten ist, bildet sich meistens ein Widerstandsverhalten heraus. Man schlägt den Partner mit den eigenen Waffen und ruft so lang „Ich verste-ehe dich nicht!", bis die Nebenzimmer-Ruferin entweder aufgibt, oder selbst herkommt. Das wäre dann „Herholen der Mutter", zweiter Ordnung. Oder man versucht es mit konstruktivem Verhalten. Das geht so: „Scha-atz, wo ist der Schraubenzieher!?" „Da wo er immer ist!" „Und wo ist er immer!!?" „Im Werkzeugkasten!!" „Und wo ist der Werkzeugkasten!!!?" „Im Schrank!!!" „In welchem Schrank?!!!!" „Im Vorzimmer!!!" „Ich kann ihn nicht finden!!!!" „Du musst genauer schauen!!!!!". Der Ausgang ist hier natürlich ungewiss. Dritte Möglichkeit: die Ohropax-Strategie. Sobald der Ruf aus dem Nebenzimmer ertönt, stellt man den Fernseher lauter oder setzt sich die Ohrhörer auf. Sehr effektiv. Aber leider auch nicht ganz risikofrei. Es könnte nämlich sein, dass die Nebenzimmer-Ruferin das Ikea-Regal tatsächlich allein zusammenbaut. Und kein Abendessen kocht.

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