Ein Touristenboot mit 35 Passagieren - die meisten Südkoreaner - kollidierte bei dem Unfall mit einem anderen Schiff, kenterte und ging ging binnen sieben Sekunden unter. Es gibt mindestens sieben Tote, 21 Personen werden noch vermisst.
Bei einem Schiffsunglück auf der Donau in Budapest sind am späten Mittwochabend mindestens sieben Passagiere aus Südkorea ums Leben gekommen. Nach 21 weiteren Menschen an Bord eines Ausflugsschiffs - unter ihnen 19 Südkoreaner und zwei ungarische Besatzungsmitglieder - wurde am Donnerstag weiterhin gesucht, wie Behördenvertreter auf einer Pressekonferenz in Budapest sagten.
Das Ausflugsschiff "Hableany" war unter der Margaretenbrücke mit dem weitaus größeren Flusskreuzfahrtschiff "Viking Sigyn" zusammengestoßen, wie Polizeioberst Adrian Pal erläuterte.Das kleinere Schiff kenterte infolge der Wucht des Zusammenstoßes und ging in sieben Sekunden in den Fluten der Donau unter. Sieben Menschen - alle Südkoreaner - konnten unmittelbar nach der Katastrophe aus dem Wasser gerettet werden. Sie wurden wegen Unterkühlung in Spitälern behandelt, erklärte ein Sprecher des Rettungsdienstes in der Nacht auf Donnerstag. Auf dem größeren Schiff kam niemand zu Schaden.
Es gebe nur "minimale Hoffnung" auf weitere Überlebende, sagte ein Sprecher Rettungskräfte am Donnerstag. Aufgrund der niedrigen Wassertemperaturen von rund zwölf Grad gebe es nur geringe Überlebenschancen für die Opfer der Tragödie. Auf 100 km Länge sollte das Donauufer abgesucht werden. Zwei der sieben Toten seien weit von den Unfallstelle entfernt geborgen worden.
Sechsjähriges Kind an Bord
Nach Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap befanden sich 30 Touristen, die eine Sechs-Länder-Reise nach Osteuropa gebucht hatten, auf der gesunkenen "Hableany" (Nixe). Dazu kämen noch drei Reisebegleiter sowie die zwei ungarischen Besatzungsmitglieder. Die meisten Reisenden seien 40 bis 50 Jahre alt gewesen. Auch ein sechsjähriges Kind sei an Bord gewesen.
Angesichts des schlechten Wetters sollen sich die Touristen zum Zeitpunkt des Unglücks unter Deck befunden haben. Das Ausflugsboot war nach dem Zusammenstoß mit einem großen Hotelschiff dramatisch schnell gesunken, berichteten Medien.
Starke Strömung
Nach Darstellung von Oberst Pal ereignete sich der Zusammenstoß am Mittwoch um 21.05 Uhr. Unter der Margaretenbrücke sei das kleine Ausflugsschiff vor das größere Kreuzfahrtschiff gebogen, wodurch es zu der Kollision kam. Das kleinere Schiff kenterte und ging rasch unter. Zehn Minuten nach der Kollision gind der erste Notruf bei der Polizei ein. Unmittelbar darauf begannen große Such- und Rettungseinsätze von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst.
Ungarische Medien berichteten von einem Großeinsatz der Rettungskräfte. Große Scheinwerfer beleuchteten Teile der Oberfläche der Donau in Budapest. Die Suche nach den Vermissten wurde durch heftigen Regen und starke Strömungen erheblich erschwert, wie das Internet-Portal "Index.hu" berichtete. Die Wassertemperatur sank auf zehn Grad ab.
Ein Militärschiff mit Spezialtauchern traf am Donnerstag an der Budapester Margaretenbrücke ein, um die Lage des in einer Tiefe von drei bis vier Metern liegenden Schiffswracks zu untersuchen. Das Wrack soll schließlich in mehreren Phasen geborgen werden.
Menschliches Versagen?
Die Leitung des Schiffseigners Panorama Deck GmbH wurde von der Polizei vernommen. Laut Firmen-Sprecher Mihaly Toth hätte die zweiköpfige, erfahrene Besatzung des Schiffes unter Einsatz ihres eigenen Lebens an den Rettungsarbeiten teilgenommen.
Menschliches Versagen als Ursache des Unglücks sei nicht ausgeschlossen, betonte der Generalsekretär des Ungarischen Schifffahrtsverbandes, Imre Horvath, laut Medien. Schiffe seien heute mit Satelliten-Ortung ausgestattet, so dass sie die eigene oder die Position anderer Schiffe sowie deren Bewegung mit hoher Präzision bestimmen können.
Auf dem größeren Schiff - dem unter Schweizer Flagge fahrenden Flusskreuzfahrtschiff "Viking Sygin" - wurden weder Gäste noch Besatzungsmitglieder verletzt, wie eine Sprecherin des Unternehmens Viking mitteilte. "Wir arbeiten bei Bedarf mit den Behörden zusammen."
Wie Pal weiter ausführte, leitete die Polizei ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen Gefährdung mit massenhafter Todesfolge ein. Der Kapitän der "Viking Sigyn" und weitere Besatzungsmitglieder wurden als Zeugen befragt. Weitere Angaben wollte der Polizeioberst unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen nicht machen.
Südkoreas Außenminister am Weg
Südkoreas Präsident Moon Jae In ordnete an, einen Krisenstab einzusetzen und zusammen mit den ungarischen Behörden "alle verfügbaren Mittel" zur Rettung der Vermissten zu ergreifen. Das Außenministerium kündigte an, eine "schnelle Einsatzgruppe" mit 18 Beamten und Rettungskräften an den Unglücksort zu schicken.
Noch am Donnerstag sollte der südkoreanische Außenminister Kang Kyung Wha mit einer Delegation in Budapest eintreffen, um persönlich die Arbeiten zu koordinieren, berichtete das Klubradio. Laut Mitteilung des südkoreanischen Außenministeriums hätten die Passagiere das Dampfers zum Zeitpunkt des Unglücks keine Rettungswesten getragen. Der nächtliche Schiffsausflug sei einer der letzten Programmpunkte der Touristengruppe in Ungarn gewesen.
Der südkoreanische Reiseveranstalter Verygoodtour entschuldigte sich für das Unglück. Das Unternehmen werde alles tun, um den Opfern und deren Familien zu helfen, sagte der Leiter des Kundenservice, Lee Sang Moo, im südkoreanischen Fernsehen.
Cobra-Einsatztaucher nach Ungarn entsandt
Drei Teams mit insgesamt zehn Einsatztauchern des Einsatzkommandos Cobra sind am Donnerstag zur Unterstützung der ungarischen Kollegen nach Budapest entsandt worden. Die Spezialisten sollen nach dem Schiffsunglück bei der Suche nach vermissten Passagieren helfen, teilte das Innenministerium in einer Aussendung mit.
"Mein aufrichtiges Beileid gilt den Angehörigen der verunglückten Passagiere. Bei solchen tragischen Unglücken ist es wichtig, dass wir unseren Nachbarn mit Einsatzkräften und modernster Technik zur Verfügung stehen", betonte Innenminister Eckart Ratz. Er bedankte sich bei den Beamten der Cobra für ihre Einsatzbereitschaft.
Die Donau fließt mitten durch Budapest und trennt die beiden Stadthälften Buda und Pest voneinander. Ausflugsfahrten per Schiff sind auf dem Budapester Flussabschnitt bei Touristen sehr beliebt, weil sich dabei schöne und fotogene Ausblicke auf Sehenswürdigkeiten wie die Burg von Buda und das Parlamentsgebäude bieten.
(APA)