Der Roller zum gut Aussehen – auch in der Kurve

Kantiger Gegenentwurf zur Vespa-Ästhetik: BMW C 400 GT.
Kantiger Gegenentwurf zur Vespa-Ästhetik: BMW C 400 GT.Daniel Kraus
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Midsize-Roller als Alternative zu den großen oder überhaupt gleich zum Auto: Lustvolles Commuting auf dem schicken BMW C 400.

Auf dem Gebiet der Roller hat BMW eine vergleichsweise kurze, aber doch nennenswerte Tradition: Unvergessen die gar kurze Karriere des mutigen überdachten C1 (Gurt statt Helm!), der 2002 nach nur zwei Jahren Bauzeit eingestellt wurde. Zehn Jahre später ging es ins Segment der Großroller (oder Maxiscooter), heute als C 650 GT und Sport. 2014, im Überschwang des Elektroauto-Pionierprojekts i3, das bis heute irrste Ding auf zwei Rädern: der kaum hörbar surrende „C Evolution“ mit gefühltem Raketenantrieb, leider schrecklich teuer.

Es gibt stärkere Märkte für die großen Brummer als Österreich, nämlich dort, wo sie ganzjährig als Alternative zur täglichen Pendelei im Auto genutzt werden. Man bekommt immerhin schon einen Neuwagen um das Geld.

Damit kommt dem neuen Midsize-Format besondere Bedeutung zu, auch wenn an einen günstigen Einstieg nicht zu denken ist: Bei 8600 Euro liegt der Preis für den C 400, und Extras wie Heizung für Sitz und Griffe (415 Euro) und LED-Tagfahrlicht (106 Euro) wären noch einzurechnen. Der Posten „Connectivity“, mit dem man Smartphone-Apps wie Navigation kabellos in den gestochen scharfen Tacho/Bildschirm spielen und per Dreh- und Drückrad am Lenker dirigieren kann, kommt auf 636 Euro. Doch so „Premium“ fühlt sich der C 400, der motorseitig eigentlich ein 350er mit 34 PS und 35 Newtonmeter ist, auch an. Das zackige Styling mit stilisierter BMW-Niere stellt fast alles andere, was derzeit so herumrollt, in den Schatten – inklusive die größeren und teuren Maxiscooter der Marke. Was wird noch geboten?

Zunächst ein Antrieb, der genau das tut, was man sich im Stadtverkehr wünscht: alle anderen in den Rückspiegel verbannen. Wer fest am Gasgriff dreht, ist in 3,1 Sekunden auf 50 km/h, in der Realität meist drüber, weil es so geschwind geht. Bis 100 km/h könnte man sich mit den meisten Autos matchen, dort ist man in 9,5 Sekunden. Der Tacho zeigte fast 150 an. Wenn es schnell zum Flughafen gehen soll, ist man erstaunlich gut wind- und wettergeschützt, obwohl das Windschild nicht verstellbar ist. Erstklassig: die Sitzposition mit Stütze für den unteren Rücken. Erstaunlich schlank geschnitten, ganz unblunzig ist das Gefährt, das ließe auf schmalen Stauraum schließen. Mitnichten, denn es kommt ein Trick ins Spiel: Mit einem Handgriff ist der Raum unter der Sitzbank nach unten, Richtung Reifen, erweitert. Solcherart lässt sich der Motor sicherheitshalber nicht starten. Das ganze Keyless-Handling – serienmäßig, immerhin – und die manuelle Entriegelung der Sitzbank: alles angenehme Handgriffe ohne Geschicklichkeitstest. Der sportlichen Natur des Scooters folgend, sind Kurven auf dem C 400 keine lästige Unterbrechung der Geraden, sondern stets ein Anreiz, eine respektable Schräglage (und nicht sich selbst) hinzulegen. Das Fahrwerk unkippelig, der kaum vibrierende Einzylinder gefühlvoll dosierbar, sodass man mit dem richtigen Schmalz schön aus der Biegung schmiert. Das ist fortgeschrittenes, gehobenes Rollerfahren, genau die Domäne des C 400. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2019)

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