Urban Future Global Conference 2019: Planspiele für die Stadt der Zukunft

Einzelne Sessions fanden aufgrund des großen Andrangs sogar in der Eingangshalle des Konferenzhotels statt.
Einzelne Sessions fanden aufgrund des großen Andrangs sogar in der Eingangshalle des Konferenzhotels statt.(c) Geir Anders Rybakken Orslien
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In Oslo wurde auf Initiative des Wieners Gerald Babel-Sutter über nachhaltige Konzepte für urbane Entwicklungen diskutiert. Experten plädierten etwa für ein Umdenken bei der Nutzung von Straßen in Städten.

Die norwegische Hauptstadt, Oslo, hat sich in den vergangenen 15 Jahren zu einer sehr lebenswerten Stadt entwickelt: Nachdem die zentrumsnahe Schiffswerft im Oslo-Fjord bereits in den 1970er-Jahren wegen mangelnder Rentabilität hatte schließen müssen und sich die Verwaltung im Jahr 2000 gegen einen Containerhafen mitten im Zentrum ausgesprochen hatte, entstand ausreichend Platz für die Gestaltung der Fjord City. Attraktive öffentliche Plätze, Fahrrad- und Fußgängerwege wurden angelegt sowie Raum für repräsentative Kulturbauten – wie die viel beachtete Oper – geschaffen. Das veranlasste die Europäische Kommission, Oslo als European Green Capital 2019 auszuzeichnen. Im Rahmen des Green-Capital-Jahres fand nun von 21. bis 24. Mai die Urban Future Global Conference (UFGC) als größte internationale themenspezifische Veranstaltung in Oslo statt.

Damit wagte die bislang nur in Graz und Wien ausgetragene Konferenz erstmalig den Schritt ins Ausland, wie der Organisator der Veranstaltung, Gerald Babel-Sutter, bestätigt: „Acht Städte hatten sich um die Austragung beworben, die Wahl fiel auf Oslo für das Jahr 2020. Da war von European Green Capital 2019 noch gar keine Rede.“ Die Anstrengungen seitens der Grazer Veranstalter wurden verdoppelt, um die Konferenz im Jubeljahr über die Bühne zu bringen. Mit Future Built, einer Vereinigung von zehn norwegischen Organisationen, die sich klimafreundlicher Architektur und Stadtentwicklung verschrieben haben, wurde ein leistungsfähiger Partner vor Ort gefunden. Die Auswirkungen des Klimawandels, ausgehend von urbanen Agglomerationen, standen daher im Fokus der einzelnen Vorträge.

Hälfte lebt in Städten

Rund 50 Prozent aller Menschen leben bereits in Städten, Tendenz steigend. Klar, dass Städte eine besondere Verantwortung haben, wenn es um den Einfluss auf den Klimawandel (in Oslo häufig als Klimakrise bezeichnet) geht. Der britisch/amerikanische Stadtentwickler Andrew Steer plädierte daher in seinem Statement während der Konferenzeröffnung im Folketeateret dafür, dass die Nutzung der Straßen in Städten überdacht werden müsse. Steer: „Eine hundertjährige Automobildominanz ist genug. Oslo mit seiner Verbannung des Individualverkehrs aus dem Stadtzentrum kann ein Modell für die Zukunft der Städte werden. Die norwegische Hauptstadt ist klein genug, um etwas auszuprobieren, aber groß genug, um die Auswirkungen bereits festzustellen.“

Dass Verhaltensänderungen der Straßennutzung nicht unbedingt nur in reichen Städten bewirkt werden können, bewies Erion Veliaj, Bürgermeister der albanischen Hauptstadt Tirana. Nach Jahren des Mangels, hervorgerufen durch ein rigides politisches Regime, wurde in Albanien die wirtschaftliche Liberalisierung vor allem durch protzige Pkw zur Schau gestellt. Das führte letztlich zum hoffnungslosen Verstopfen der Straßen. „Wir initiierten autofreie Tage, damit die Kinder auf den Straßen Rad fahren konnten“, so Veliaj. „Außerdem schufen wir attraktive Kinderspielplätze, auf denen die ganze Familie gemeinsam Zeit verbringen kann.“

Oft bedarf es nur einer Person, um Dinge in Bewegung zu setzen. Durchhaltevermögen gegenüber Skeptikern ist jedoch gefragt. Nicht ganz so erfolgreich war Carolina Tohá, Bürgermeisterin von Santiago de Chile. Auch sie ging mit großem Elan an die Veränderung der Lebensgewohnheiten in ihrer Heimatstadt heran. Fahrradwege wurden geschaffen, öffentliche Plätze attraktiver gestaltet. Tohá: „Am Ende half alles nichts. Obwohl die Prognosen gut waren, wurde ich abgewählt. Mein Fehler war, dass ich zu wenig mit den Menschen kommuniziert und den Sinn der notwendigen Änderungen erklärt habe.“
Neben Lösungen für den innerstädtischen Individualverkehr war nachhaltiges Bauen ein Thema, bei dem auch österreichische Vortragende wie Elisabeth Meze (Nachhaltigkeitskoordinatorin aus Innsbruck), Caroline Palfy (Hoho Holzhochhaus in der Seestadt Aspern) und der Vorarlberger Bauunternehmer Hubert Rhomberg ihre Expertise präsentierten. Ihm hatte es zu denken gegeben, dass bei der herkömmlichen Bauweise viel Energie für die Erzeugung und den Transport der einzelnen Bestandteile verbraucht werde. Also gründete er das Holzbauunternehmen Cree, das mit vorgefertigten Bauteilen bereits Hochhäuser aus Holz errichtet.

Widerstand von allen Seiten

„Anfänglich gab es Skepsis von allen Seiten, von den Behörden, vom Feuerschutz und selbst aus der Familie“, berichtet Rhomberg. Schlussendlich setzte er sich durch und errichtet zurzeit unter anderem für Siemens den Campus Erlangen. Ebenfalls aus Holz wird das erste Hochhaus in der Seestadt Aspern gebaut. Die Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 war in Oslo mit einem eigenen Informationsstand vertreten. „Unser Hoho Holzhochhaus wird 2020 in Betrieb gehen. Darin wird auch ein Hotel einziehen“, berichtet Gerhard Schuster, Vorstandsvorsitzender von Wien 3420. 2018 fand die UFGC in Wien statt, eine Exkursion führte auch auf das Gelände der Seestadt Aspern.

UFGC 2019 in Oslo

2600 Teilnehmer, 400 vertretene Städte, 85 Vorträge und Diskussionsrunden, 300 Vortragende, 38 Exkursionen.
Mastermind der UFGC ist der 45-jährige Wiener Gerald Babel-Sutter, der erstmals 2013 ein E-Mobility-Trainingsevent für die Stadt Graz organisiert hat, aus dem sich die Urban Future Global Conference als Plattform für den Informationsaustausch unter Vertretern von Stadtverwaltungen und unter Stadtplanern entwickelt hat. 2020 findet die UFGC in Lissabon (European Green Capital 2020) und 2021 in Rotterdam statt. www.urban-future.org

Compliance-Hinweis:

Der Besuch des Kongresses erfolgte mit freundlicher Unterstützung des Veranstalters und der norwegischen Botschaft in Wien.

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