Studieren auch im Sommer

Internationaler Austausch, ohne gleich ein ganzes Semester im Ausland zu verbringen − das ist einer der Vorzüge der Summer Schools an der Uni Wien.
Internationaler Austausch, ohne gleich ein ganzes Semester im Ausland zu verbringen − das ist einer der Vorzüge der Summer Schools an der Uni Wien.Universität Wien/Barbara Mair
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Von Veranstaltungen im Sommer profitieren Studierende wie Lehrende. Im Ambiente jenseits des Hörsaals bekommt der Wissenserwerb eine neue Qualität.

Summer Schools können vieles sein: Vorbereitung für Bachelor- und Masterabschlüsse, Internationalisierungsmaßnahmen, eine Form von akademischem Idealismus oder praktisches Zusatzangebot. Doch vor allem sollen sie Spaß machen. „Wir bekommen für unsere Summer School sehr leicht Vortragende, weil auch sie große Freude daran haben, von den Studierenden etwas zu lernen“, sagt Susanne Keppler-Schlesinger, Vizerektorin der Diplomatischen Akademie Wien. Dass die Lehrenden nach einem Studienjahr eine Pause brauchen, erfahre sie nicht, im Gegenteil: „Sie erleben die Summer School als Horizonterweiterung.“ An der Diplomatischen Akademie dreht sich das Sommerangebot um das Thema „Internationale Beziehungen und EU“ und dessen Vertiefungen in Richtung Geldpolitik, Regierungsführung und Klimafragen. Viele Teilnehmer bereiten sich auf ihre akademischen Abschlüsse vor. Sie kommen überwiegend aus dem Ausland, viele von außerhalb Europas. „Sie wollen Informationen über die EU gern aus erster Hand erhalten“, erklärt Keppler-Schlesinger.

Aus erster Hand lernen, das wollen auch die Teilnehmer der Summer School Allgemeinmedizin in Salzburg, die vom Land Salzburg in Kooperation mit der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) und regionalen Partnern aus dem Gesundheitsbereich organisiert wird. „In einer intensiven Woche werden die Besonderheiten der Allgemeinmedizin theoretisch aufgearbeitet, in der Praxis erlebt und anhand von Fällen reflektiert“, erläutert Maria Flamm, Vorständin des Instituts für Allgemein-, Familien- und Präventivmedizin der PMU. Das Angebot richtet sich an Medizinstudenten ab dem viertenSemester.

Idealistische Motive

Ein Ziel ist die Rekrutierung von ärztlichem Nachwuchs im ländlichen Raum – der durchaus eine Portion Idealismus braucht. Diese Eigenschaft treibt auch die Initiatoren der Summer School des Österreichischen Austauschdienstes OeAD. Sieben verschiedene Programme finden im Sommer statt, eines davon zum Thema „Green. Building. Solutions“. Vergangenes Jahr nahmen daran insgesamt 100 Studierende aus 50 Ländern teil. „Diese Summer School ist unser Beitrag zum Klimaschutz, die Idee dahinter Know-how-Weitergabe und Kampf für eine bessere Welt“, sagt Günther Jedliczka, Geschäftsführer der Fachabteilung Wohnraumverwaltung des OeAD. „Im Bereich ökologisches Bauen liegt ein enormer Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Ohne Systemänderung im Bereich Geld und Finanzsystem werden wir das 1,5-Grad-Ziel nie erreichen, deshalb die zweite Sommer-Uni.“ Hauptpartner sind die TU Wien und die Boku, Letztere rechnet ECTS-Punkte für die Teilnahme an.

Vor einem idealistischen Hintergrund findet auch die International Summer School der Universität New Orleans in Innsbruck statt. Begründet wurde diese Kooperation Ende der 1970er-Jahre, als der Zeitgeschichtler Gordon Mueller seinen amerikanischen Studierenden das Gleiche ermöglichen wollte, das er erfahren hatte: Auslandserfahrung in Österreich. „Das große Thema unserer Summer School ist die Geschichte des Holocausts und Europa nach dem Krieg“, sagt Programmkoordinator Gerhard Rampl von der Uni Innsbruck. Besonders erfolgreich sei das Buddy-Programm, das heimische mit amerikanischen Studierenden zusammenbringe. „Unsere Studenten können sich für ihr Curriculum vier bis fünf ECTS-Punkte anrechnen lassen.“ Die Freizeit verbringen die jungen Menschen miteinander. In der Folge absolvieren zwischen 30 und 50 Innsbrucker Studierende Auslandssemester in New Orleans.

Für die Universität Wien sind die Summer Schools eine Internationalisierungsmaßnahme, bei der sich nicht nur Lehrende und Studierende, sondern auch Wissenschaftler untereinander vernetzen. Nach dem Motto „internationalisation@home“ können internationale Vortragende und Studierende kennengelernt und fachlicher und methodischer Input aus anderen Universitätssystemen erhalten werden, und das abseits der traditionellen Mobilitätsprogramme, die längere Auslandsaufenthalte erfordern, erklärt Karin Krall, Leiterin des International Office der Universität Wien. Auch hätten die Studierenden die Möglichkeit, außerhalb des regulären Lehrbetriebs inhaltliche Schwerpunkte in ihrem Studium zu setzen. 20 verschiedene Themen aus Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften werden in dieser Form angeboten, bilinguale Sprachkurse werden unter anderem für Ungarisch, Katalanisch und Ukrainisch veranstaltet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2019)

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