"Es gibt zwei Arten von Sozialisten"

Die Presse
  • Drucken

Linke Aktivisten und rechte Populisten schlagen in dieselbe Kerbe, sagt der deutsche Ökonom Thomas Mayer. Sie sprechen die Verlierer der vergangenen 20 Jahre an. Oft mit großem Erfolg.

In Deutschland wird von Enteignungen geredet. SPD-Mann Kevin Kühnert will BMW kollektivieren. Steht das Sozialismusmonster vor der Tür?

Thomas Mayer: Deutschland fügt sich in einen internationalen Trend ein. Schauen Sie mal in die USA. Unser Kevin Kühnert ist unbedeutend gegenüber Bernie Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez. Auch andere Bewerber für die Nominierung der Demokraten zur Präsidentschaftswahl reden vom „demokratischen Sozialismus“. In Großbritannien gibt es Jeremy Corbyn.

Deutschland hat aber seine eigene Geschichte, Stichwort DDR. Wie kann es sein, dass diese alten Ideen immer noch so attraktiv sind?

Sie sind wieder attraktiv. Ende der 1980er-Jahre dachte man noch, dass der Kampf der Ideologien vorbei sei, dass der Liberalismus gesiegt habe. Aber eine liberale Wirtschaftsordnung stellt hohe Ansprüche an die Mündigkeit der Menschen. Wer nach Schutz durch den Staat sucht, vermisst etwas. Deshalb gab es relativ rasch die Idee, einen dritten Weg zu finden, bei dem der Kapitalismus an den Ecken sozusagen entschärft wird. In den 1990er-Jahren ging das von Großbritannien aus, wo Tony Blair „New Labour“ erfunden hat – das war dieser dritte Weg. Man wollte hohe Flexibilität auf Unternehmensebene mit sozialer Absicherung kombinieren – und eine globale Steuerung der Wirtschaft erreichen, um Rezessionen zu verhindern.

Wer waren die anderen Wegbereiter?

Bill Clinton steht dafür. Und 1998 hat auch Gerhard Schröder als Nachzügler gemeinsam mit Tony Blair ein Papier zum dritten Weg verfasst. Man versprach den Leuten eine Wirtschaft, so effizient wie der Kapitalismus, aber mit Sicherheitsnetz.

Und auf der Makroebene?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Von den Berliner Enteignungsfantasien

Die Wohnungsnot in Berlin hat zu einem Revival von Karl Marx' Ideen geführt. Wie es dazu kam, dass Deutschland wieder ernsthaft über Enteignungen diskutiert.
International

Was ist auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland schiefgelaufen?

Juso-Chef Kevin Kühnert ist einer der Gewinner der Enteignungsdebatte. Die Herzen der Linken fliegen ihm nur so zu. Wie es zu dem Berliner Wohnungsmarktdebakel gekommen ist und warum es mit Enteignung nicht zu lösen ist, wird dabei oft vergessen.
Vor allem in Ballungsräumen wächst der Unmut der deutschen Bevölkerung über steigende Mieten.
International

Deutsche halten Enteignung für kein gutes Mittel

Die Mehrheit ist aber mit hohen Mieten unzufrieden.
News Bilder des Tages Grossdemo Mietenwahnsinn Mehrere zehntausend Menschen protestieren in Berlin u
Morgenglosse

Die Berliner Enteignungs-Initiative ist eine panische Reaktion auf politische Versäumnisse

Die verzweifelte Forderung nach der Verstaatlichung von 200.000 Wohnungen gehört zu den erwartbaren Folgen des fehlenden gemeinnützigen Wohnbaus.
Berlin 06 04 2019 Unter dem Motto Mietenwahnsinn widersetzen demonstrierten zehntausende Menschen
International

Enteignungs-Volksbegehren in Berlin erregt die Gemüter

Berliner sammeln Unterschriften, um große Wohnungsunternehmen zu enteignen. Die CSU sieht eine „schwachsinnige Debatte von vorgestern", ein SPD-Vizechef hält Enteignungen für die „Notwehrrecht“ des Staates.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.