Der Schmuck der Maharadschas und Mogule

Aus der Sammlung Al Thani kommen am 19.Juni bei Christie's in New York rund 400 außergewöhnliche Schmuckstücke und Objekte zur Auktion, die 500 Jahre indische Geschichte umspannen. ?

Zum Bild eines indischen Maharadschas oder einer Maharani gehörten Gold und Edelsteine. Die wertvollen Steine, kunstvoll geschliffen, trugen die Herrscherfamilien an den Fingern, den Armen, den Handgelenken, um den Hals, auf dem Turban, und sie schmückten Waffen und Alltagsgegenstände. Edelsteinen wurden zudem eine mystische Bedeutung zugeschrieben. So förderten Smaragde angeblich die Intelligenz, Perlen kontrollierten das Temperament und Rubine brachten Sonne ins Leben. Weil Juwelen auch ein Statussymbol für Reichtum und Macht waren, suchten die Maharadschas stets nach den schönsten Steinen und besten Goldschmieden.

Westlicher Einfluss. Mit der Kolonialisierung Indiens verloren die Maharadschas ihre politische Macht. Doch dank ihres enormen Reichtums residierten sie in Palästen und reisten häufig nach England. Dort suchten sie den Zugang zur englischen Aristokratie. Die Kinder schickten sie zur Ausbildung nach Eton und Oxford. In der zweiten Hälfe des 19. Jahrhunderts weitete sich die Suche nach den besten Juwelieren auf Europa und die USA aus und so stießen sie bald auf Boucheron, Cartier, Harry Winston und Van Cleef & Arpels. So ist wenig überraschend der Aufstieg des Hauses Cartier eng mit dem indischen Subkontinent verbunden. Die Entwürfe verbanden westlichen mit indischem Geschmack. Die betuchte indische Klientel kaufte so gierig, dass europäische Juweliere bis ins frühe 20. Jahrhundert einen großen Teil ihres Geschäfts mit dem Export nach Indien machten.

Zu den größten privaten Sammlungen indischer Juwelen, die historisch von den Großmoguln bis in die Gegenwart reicht, gehört die Al-Thani Collection der katarischen Herrscherfamilie. Ein Teil davon, nämlich rund 400 Objekte, gelangen am 19. Juni bei Christie's in New York zur Versteigerung. Medien feiern diese außergewöhnliche Auktion schon als die Juwelenauktion des Jahrhunderts. Die Familie eröffnet 2020 in Paris ein eigenes Museum für die Al Thani Collection, die neben Schmuck auch Manuskripte, Bronzefiguren und Teppiche aus den islamischen Ländern sowie Klassiker der Moderne umfasst. Mit den Erlösen aus der Auktion sollen Zukäufe sowie Ausstellungen, Publikationen und Sponsoringprojekte finanziert werden.

Die Ausstellung „Schätze der Mogule und der Maharadschas“ zeigte die Al Thani Schmucksammlung vor ein paar Jahren im Londoner Victoria & Albert Museum, im Metropolitan Museum in New York sowie im Pariser Grand Palais. In Venedig machte die Schau dann ungewollt Schlagzeilen, weil zwei Schmuckstücke aus der Sammlung gestohlen wurden. Einige der Schmuckstücke, die nun in New York unter den Hammer kommen, waren damals Teil der Ausstellung.

Eines davon ist ein diamantener Turban-Schmuck von 1907. Die Diamanten haben 152,60 Karat, der Schätzpreis liegt bei 1,2 bis 2,2 Millionen Dollar. Ebenfalls im V & A zu sehen war der Arcot II, der einer der Höhepunkte der Auktion ist. Muhammed Ali Khan Wallajah, der Nawab von Arcot, schenkte diesen Diamanten einst der Frau von König George III. Der Schätzwert beträgt zwei bis vier Millionen Dollar. Der Diamant stammt aus Golkonda, einer alten Festungs- und Ruinenstadt westlich von Hyderabad im indischen Bundesstaat Telangana. Von 1347 bis 1687 war sie Hauptstadt des gleichnamigen Sultanats. Aus Golkonda stammten die hochwertigsten Diamanten der Welt. Neben dem Arcot II kommt auch der Mirror-of-Paradise-Diamant aus dieser Region. Der lupenreine Diamant hat 52,58 Karat. Für diesen Ring erwartet Christie's sieben bis zehn Millionen Dollar. Ursprünglich in der Sammlung des Nizam von Hyderabad befand sich das 200-karätige Diamantenkollier, das um 1890 gefertigt wurde und jetzt mit einer Taxe von 1,2 bis 1,5 Millionen Dollar zum Aufruf kommt.

Neben Schmuck kommen auch Waffen zur Versteigerung, wie das mit Diamanten besetzte Zeremonienschwert des Nizam von Hyderabad, das auf ein bis 1,5 Millionen Dollar geschätzt wird, oder ein Dolch mit Jadegriff aus dem Besitz des Großmoguls Shah Jahan, Erbauer des Taj Mahals, der auf 1,5 bis 2,5 Millionen Dollar taxiert ist. Außerdem Figuren und Alltagsgegenstände, wie eine mit Diamanten, Rubinen und Smaragden verzierte Feder samt Tintenfass oder ein mit Diamanten, Rubinen und Smaragden besetzter Papagei aus Hyderabad, etwa 1775 bis 1825, der 350.000 bis 500.000 Dollar wert sein soll.

Aus dem frühen 20. Jahrhundert kommen einige besondere Schmuckdesigns von Cartier zum Aufruf, darunter eine mit Diamanten und Perlen gearbeitete Halskette, die einmal im Besitz der Maharani Gayatri Devi, Gattin des Maharadschas von Jaipur, Man Singh II., war, oder eine hexagonale Art-Deco-Smaragd- und Diamantenbrosche, die 88,03 Karat hat und ein bis 1,5 Millionen Dollar bringen soll.

„The Maharaja & Mughal Magnificence“ ist eine Sammlung, die 500 Jahre indischer Geschichte umfasst. Golkonda-Diamanten, Smaragde und mit Edelsteinen besetzter Schmuck und Objekte herausragender Qualität wurden gesammelt. Die Collection umfasst auch die besten Juwelendesigns von Cartier bis JAR. Der Markt sucht nach Signature-Juwelen mit wichtiger Provenienz. Das könnte diese Sammlung zu einer Jahrhundertauktion machen“, sagt Rahul Kadakia, internationaler Direktor für Juwelen bei Christie's. ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2019)

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