Ein kleines Gedankenexperiment zur Ehrenrettung der SPD

Merkel, Schröder
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Die deutschen Sozialdemokraten haben viele Probleme. Eines davon: sehr schlechtes Marketing. Warum man sich über ihren Niedergang trotzdem nicht freuen sollte.

Die deutsche SPD hat viele Probleme. Nicht nur mit dem Personal. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass die Partei nicht genau weiß, wofür sie im 21. Jahrhundert stehen soll. Zu den vielen Mängeln der deutschen Sozialdemokratie zählt aber auch, dass sie eine sehr schlechte Verkäuferin ist. An der Eliteuniversität Harvard haben sie neulich Angela Merkel für die Einführung des Mindestlohns gefeiert. Nur zur Erinnerung: Die SPD hat der Kanzlerin den Mindestlohn abgerungen. Merkels CDU wollte ihn nicht. So schlecht kann rotes Marketing sein. Und so geht das schon länger. Im Grunde seit den ersten Jahren nach Gerhard Schröders großem Stozialstaatsumbau.

Merkel erntete, was Schröder gesät hatte. Sie bekam den Beifall für den wirtschaftlichen Erfolg der Agenda 2010, die SPD nur die Wut über jene sozialen Härten, die das rot-grüne Reformwerk zweifellos auch mit sich brachte. Bis heute ist Hartz-IV ein rotes Reizwort und Anlass für interne Selbstzerfleischung. Patient gerettet, Arzt halbtot sozusagen, wie das einmal ein Hauptstadtjournalist formuliert hat.

Deshalb ein Gedankenexperiment zur Ehrenrettung der SPD: Hätten die Regierungen Angela Merkels eine Reform wie die Agenda 2010 zustande gebracht? Das größte Projekt der Ära Merkel, die stümperhaft umgesetzte Energiewende, lässt zweifeln. Merkel versteht sich auf die Kunst des Krisenmanagements. Sie ist eine Meisterin des Kompromisses. Den großen Wurf beherrscht sie nicht. Und was, wenn Schröder die erste Wahl nach Einführung der Agenda 2010 überlebt und also noch regiert hätte, als seine Reformen Wirkung zeigten, als sie halfen, die Arbeitslosigkeit zu senken und  das Wachstum zu befördern? Er wäre vielleicht noch heute Kanzler (falls in die eigene Partei gelassen hätte).

Was wäre wenn. Schon klar. Die SPD schrumpft zur Kleinpartei. Sie wirkt hilflos. Statt Reformen gibt es heute Juso-Parolen über die Kollektivierung von BMW und sehr viel Hohn und sehr viel Spott. Aber diese ehemals stolze älteste Partei Deutschlands hat große Verdienste. Man muss sich über ihren Niedergang nicht freuen.

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