Großbritannien: Donald Trump kommt zum Tee

Trump und die Queen
Trump und die Queenimago images / i Images
  • Drucken

Der US-Präsident macht Queen Elizabeth II. die Aufwartung. Für Höflichkeiten besteht aber kein Anlass.

London. In dem Kinderbuchklassiker „Ein Tiger kommt zum Tee“ von Judith Kerr besucht eine riesige, aber umgängliche Wildkatze die kleine Sophie, verspeist alle Vorräte und zieht dann frohgemut von dannen. Wenn US-Präsident Donald Trump zum Tee zur Queen kommt, geht es ein wenig rauer zu: Bevor er am Montag britischen Boden betrat, mischte er sich in die Brexit-Debatte ein, gab Empfehlungen zur Nachfolge von Premierministerin Theresa May, beleidigte eine Prinzgemahlin und bezeichnete den Londoner Bürgermeister Sadiq Khan als „totalen Versager“. So aufmunitioniert reiste Trump zu seiner Begegnung mit Queen Elizabeth.

Die 93-jährige Monarchin bringt aber nichts so schnell aus der Fassung. Trump war bereits der 113. Staatsbesucher seit ihrer Thronbesteigung vor exakt 66 Jahren und zwei Tagen. Die Ehre eines Staatsbesuchs wird nur ausgesuchten Gästen zuteil: Von den zwölf US-Präsidenten, die sie bisher im Buckingham Palace empfangen hat, waren nur George W. Bush und Barack Obama auf Staatsbesuch, die übrigen mussten sich mit einem Arbeitsbesuch bescheiden.

Strenges Staatsbankett

Für einen Staatsbesuch werden dagegen alle Register gezogen. Auf ein gemeinsames Mittagessen mit Queen Elizabeth und Prinz Philip folgten ein Besuch in der Westminster Abbey, Tee bei Prinz Charles und Gattin Camilla und ein Staatsbankett. Während die Speisenfolge bis zuletzt geheim gehalten wurde, war das Essen ein Hochamt des Hofprotokolls. Von der Anzahl der Diener bis zum Abstand zwischen den einzelnen Teilen des Bestecks war jede Kleinigkeit geplant. So auch das Sitzpolster für die eher klein gewachsene Queen, die neben dem eher tigerhaften Trump Platz nahm.

Geladen waren rund 170 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Einladung ausgeschlagen hat Oppositionsführer Jeremy Corbyn. „(Premierministerin) Theresa May sollte nicht den roten Teppich ausrollen, um einen Präsidenten zu ehren, der internationale Verträge aufkündigt, den Klimawandel leugnet und eine rassistische und frauenfeindliche Sprache verwendet“, erklärte der Labour-Chef. Sein Parteifreund Khan zog gar eine Parallele zwischen den Faschisten des 20. Jahrhunderts und dem US-Präsidenten, den er als „wachsende weltweite Gefahr“ bezeichnete.

Dieser Meinung sind auch die erwarteten Hunderttausenden Demonstranten, die sich für heute in London und weiteren Städten zu Protestkundgebungen versammeln werden. Zum Einsatz soll auch wieder jener Riesenluftballon kommen, der Trump als trotziges Kleinkind zeigt und über den er sich schon bei seinem letzten Aufenthalt in London im Vorjahr verärgert gezeigt hatte. Damals wurden für die Sicherheit des US-Präsidenten 18 Millionen Pfund ausgegeben, in diesem Jahr wird mit einem ähnlichen Betrag gerechnet.

Dabei will Trump ausdrücklich keine Begegnung mit dem Volk. Schon im Vorfeld betonte er, sein Interesse sei „allein die Begegnung mit dem Königshaus“. Von diesem schwänzt die Gräfin von Sussex, bekannt als Meghan Markle, den Besuch ihres Landsmanns. Sie ist offiziell nach der Geburt ihres Sohnes Archie „in Mutterschaftsurlaub“. Ihr Mann, Prinz Harry, hätte beim Bankett die Gelegenheit, Trump zu fragen, ob er Meghan wirklich „ekelhaft“ genannt hat. Obwohl ein Tonbandmitschnitt vorliegt, bestreitet Trump dies.

Hoffen auf Abkommen

Die Gespräche mit Premierministerin May werden heute nur eine Nebenrolle spielen. Dabei gäbe es einiges zu besprechen: Insbesondere Brexit-Hardliner hoffen nach dem EU-Austritt auf ein Freihandelsabkommen mit den USA. Trump spielt hier kalt und warm, zuletzt hieß es: „Holt es euch.“ Uneins sind London und Washington aber auch beim Klimawandel, zu China und dem Iran. Obwohl May es war, die Trump zu seinem heiß ersehnten Staatsbesuch verholfen hatte, hieß es gestern aus der Downing Street, die Beziehungen zwischen den beiden Politikern seien „nicht herzlich“.

Trump beendet den Aufenthalt am Mittwoch mit der Teilnahme an der Feier zum 75. Jahrestag der Landung in der Normandie. Er reist weiter nach Irland. Der Tiger in Kerrs Buch kehrt nie wieder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

US-Präsident Donald Trump und die britische Premierministerin Theresa May im St. James's Palace in London.
Außenpolitik

Großbritannien: Die Diplomatie der leisen Töne

Während US-Präsident Trump großspurig seinen Staatsbesuch feiert, wirbt London mit sanften Signalen um US-Bündnistreue.
Trump in der Downing Street Nr. 10.
Außenpolitik

May empfängt Trump: Kein Händedruck für den US-Präsidenten

Trump stellt den Briten eine bilaterale Wirtschaftskooperation in Aussicht. Massenproteste in London gegen ihn seien „fake news“, er habe nur Tausende gesehen, die ihm zugejubelt hätten.
The Mayor of London, Sadiq Khan, looks on as his speech is interrupted by demonstrators at the Fabian Society New Year Conference, in central London
Außenpolitik

"Wie ein Faschist": Londoner Bürgermeister brüskiert Trump vor Staatsbesuch

Die Äußerungen des US-Präsidenten erinnern den Londoner Bürgermeister Sadiq Khan an "die Faschisten des 20. Jahrhunderts". Trump besucht ab Montag Großbritannien und spricht sich für einen "No-Deal"-Brexit aus.
Das Kriegsschiff USS John McCain
Außenpolitik

Weißes Haus wollte US-Kriegsschiff vor Trump verstecken

Über die "USS John McCain", die nach dem verstorbenen US-Senator und Trump-Kritiker John McCain benannt wurde, sollte eine Plane gehängt werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.