Kolumne

Den Traumjob vor lauter Ideen nicht sehen

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Auf zum Traumjob. Folge 10. Das Leben in unserer arbeitsteiligen Gesellschaft bringt nicht nur Vorteile mit sich.

Zum einen entstehen Jobs, die nur einen kleinen Teil unserer mannigfaltigen Kompetenzen und Leidenschaften ansprechen. Zum anderen sind wir gezwungen, im Zuge unserer Karriereentwicklung immer wieder Entscheidungen zu treffen, bei denen wir wiederum für uns mögliche Karriererichtungen ausschließen. Am Ende ist vom Traumjob nichts mehr übrig, die Unzufriedenheit steigt und alte Sehnsüchte und Träume melden sich zu gegebener Zeit wieder bei uns.

Eine Karrierecoaching-Kundin sitzt vor mir, rauft sich die Haare und hält sich die Hände vors Gesicht. Sie ist sehr unzufrieden in ihrem jetzigen Job und auf die Frage nach Alternativen sind wir mittlerweile bei Idee Nummer sieben angelangt. Für manche ein glattes Luxusproblem, aber wenn der Grad der Verwirrung sich sukzessive bis zur Verzweiflung steigert, fühlt es sich mindestens genauso unangenehm an, als hätte man gar keinen blassen Schimmer davon, wo die Reise in Zukunft hingehen könnte.

Manche berichten sogar von schlaflosen Nächten, weil ihr Gehirn immer neue Ideen hervorbringt. Die Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen, rückt allerdings in immer weitere Ferne. Dabei ist Verwirrung durchaus positiv zu sehen, wenn es um Veränderung geht. Sie gehört quasi als Begleiterin von Veränderungsprozessen dazu.

Warum haben wir plötzlich viele unterschiedliche Jobideen?

Unsere Berufswelt ist arbeitsteilig organisiert. Das hat uns als Gesellschaft sehr viel produktiver gemacht als noch zu einer Zeit als jeder Bauer, Schuster, Schneider uvm. in einer Person war. Mittlerweile sind wir in der Lage, Produkte im Überfluss zu produzieren.

Lassen wir mal die negativen Auswirkungen der Massenproduktion beiseite, dann hat dies also sehr positive Effekte für uns alle. Ein Nebeneffekt dieser Entwicklung ist der höhere Spezialisierungsgrad der entstandenen Jobs. Dadurch werden allerdings unsere mannigfaltigen Fähigkeiten und Leidenschaften nur mehr zu einem begrenzten Teil angesprochen. Ein großer Teil unserer Persönlichkeit bleibt von unserem Job in der Regel unberührt.

Ein weiterer Aspekt sind die vielen großen und kleinen Karriereentscheidungen, die wir im Lauf der Zeit treffen. Zum Beispiel dann, wenn wir uns für eine Fach- oder Führungskarriere entscheiden. Im Zuge dessen wird so mancher Lebenstraum begraben und gerät allmählich in Vergessenheit.

Durch einen externen Auslöser kann eine Karriereveränderung dann wieder zum Thema für uns werden. Wie zum Beispiel durch die Geburt eines Kindes, eine Umstrukturierung im bisherigen Unternehmen oder eine Krankheit. Dadurch erwachen unsere vergessenen Lebensträume und auch die vielen in uns schlummernden Kompetenzen wollen aufs Neue gehört werden.

Bei manchen bricht in dieser Situation im Kopf das heillose Chaos aus und ihr Gehirn generiert immer neue Ideen. New/Outplacemen-Kunden berichten auch darüber, dass sie sogar mitten in der Nacht aufwachen. Die Verwirrung steigert sich bis zur Verzweiflung und selbst absolut unrealistische Karrierewege erscheinen uns plötzlich äußerst attraktiv. Spätestens jetzt ist es an der Zeit für Ordnung zu sorgen.

Wie kann ich meine Ideen gut sortieren?

Im ersten Schritt ist es wichtig, wirklich jede einzelne Idee auf einem Kärtchen zu erfassen, egal wie absurd oder unrealistisch sie auch erscheinen mag. Dazu schreiben Sie einfach alle auf ein Kärtchen, solange bis Ihr Kopf frei von allen Ideen ist. Im nächsten Schritt beschriften Sie Kärtchen mit Gegenwart – Vergangenheit – nahe Zukunft und ferne Zukunft und legen diese Kärtchen vor sich auf den Boden.

Die Unterteilung in nahe und ferne Zukunft ist deshalb so hilfreich, weil dadurch der Druck aus der aktuellen Situation genommen wird. Größere Karriereveränderung, vielleicht sogar Lebensträume benötigen manchmal auch mehr Zeit. Und da kann es gut sein zwischen dem nächsten Karriereschritt und dem Lebenstraum zu trennen. Dann betreten Sie mit Ihren Ideen das Zeitraster und legen Sie eine nach der anderen dort ab, wo es gefühlt am besten für Sie passt. In der Regel sorgt dieser erste Schritt schon für eine erste Erleichterung.

Und es lässt sich zumeist schon gut erkennen, welcher Schritt in ihrer Karriere als nächstes an die Reihe kommt. Wichtig ist, dass sie sich selbst ins Bild stellen und nachspüren wie es sich anfühlt so zwischen alle ihren Ideen zu stehen. Sollten Sie sich im ersten Moment etwas unsicher oder unbehaglich fühlen, dann legen sie noch Kärtchen mit unterschiedlichen Ressourcen mit ins Bild.

Das können zum Beispiel eigene Kompetenzen wie Selbstbewusstsein, Vertrauen oder Flexibilität sein, aber auch externe Ressourcen wie Ausbildung, Geldmittel oder Personen sein. Fügen sie so viele hinzu, wie Sie benötigen, um sich in Ihrem Bild gestärkt zu fühlen.

In ganz seltenen Fällen liegen dann zwei Ideen gleich auf und es entsteht somit eine Dilemmasituation. In diesen Fällen lohnt es sich der Frage nachzuspüren, inwieweit eine Kombination aus beiden Ideen möglich ist. Oder ob es zeitlich möglich wäre mal die Eine und dann wieder die andere zu leben. Zum Abschluss ist es noch hilfreich das neue Karrierebild zu fotografieren, damit sie es sich jederzeit wieder vor Augen halten können wenn die Verwirrung wieder zu übermächtig wird.

New/Outplacement-Kunden sind danach sehr oft erleichtert, so als ob Ihnen eine schwere Last von den Schultern genommen wurde. Und haben auch mehr Klarheit wie es in Richtung Traumjob weitergehen kann.

Gutes Gelingen!

Michael Hanschitz
Michael Hanschitz(c) Marek Knopp

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

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