Grabenwarter Zünglein an der Waage?

Christoph Grabenwarter führt den Vorsitz.
Christoph Grabenwarter führt den Vorsitz.(c) Clemens Fabry
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Der Verfassungsgerichtshof erscheint punkto Aufhebung des generellen Rauchverbots durch Türkis-Blau gespalten. Der Präsident könnte den Ausschlag geben.

Wien. Durfte die vorzeitig zu Bruch gegangene türkis-blaue Koalition das generelle Rauchverbot in Lokalen kippen, noch ehe es in Kraft trat? Diese Frage beschäftigt den Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seiner am Dienstag beginnenden Juni-Session. Nachdem der VfGH schon zweimal ergebnislos darüber beraten hat, könnte diesmal die Stimme des interimistischen Präsidenten, Christoph Grabenwarter, den Ausschlag geben.

Grabenwarter ist Vizepräsident des Höchstgerichts und hat vorläufig den Vorsitz übernommen, weil Präsidentin Brigitte Bierlein Bundeskanzlerin geworden ist. Normalerweise verliert man mit Übernahme des VfGH-Präsidentenamts sein Stimmrecht: „Der Vorsitzende stimmt nicht mit“, heißt es im VfGH-Gesetz. Bloß dann, wenn unter den abstimmenden Mitgliedern Stimmengleichheit herrscht, gibt ein Votum des Präsidenten den Ausschlag (Dirimierungsrecht).

Weil üblicherweise aber mit Vizepräsident und zwölf Mitgliedern 13 Stimmberechtigte anwesend sind und jeweils pro oder kontra votieren müssen, ist ein Patt nur selten möglich; am ehesten dann, wenn ein Mitglied während der Beratungen plötzlich erkrankt und kein Ersatzmitglied einspringen kann.

Für den Vizepräsidenten gibt es kein Ersatzmitglied. Grabenwarter leitet daher die Beratungen von zwölf Stimmberechtigten. Dass das Rauchverbot schon zum dritten Mal auf der Tagesordnung steht, deutet darauf hin, dass sich die Mitglieder nicht einig werden konnten; die Kernfrage lautet, ob die Rücknahme des Nichtraucherschutzes in der Gastronomie bloß (gesundheits-)politisch unklug oder gar verfassungswidrig ist, (Mitarbeiter in anderen Branchen sind besser geschützt). Sollten diesmal sechs Mitglieder auf Verfassungswidrigkeit entscheiden, sechs dagegen, könnte Grabenwarter das Zünglein an der Waage sein.

Derzeit sind die Tickets, auf denen die VfGH-Richter sitzen, so verteilt: sechs (inkl. Grabenwarter) ÖVP, fünf SPÖ, zwei FPÖ. Die Mitglieder stimmen aber keineswegs immer nach farblicher Herkunft ab; Stimmverhalten und -verteilung bleiben geheim.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2019)

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