Kolumne

Verplaudert

100. Salzburg oder Weimar, Mozart oder Goethe, Barock oder Moderne. Entscheidungsfrage für Reisende. Und ja: Das Bauhaus feiert 100 Jahre und ein neues Museum in Weimar.
100. Salzburg oder Weimar, Mozart oder Goethe, Barock oder Moderne. Entscheidungsfrage für Reisende. Und ja: Das Bauhaus feiert 100 Jahre und ein neues Museum in Weimar.(c) APA/Martin Schutt
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Eigentlich will ich über 100 Jahre Bauhaus schreiben. Komme nicht dazu. Eine Abschweifung.

Ich bin in Salzburg geboren. Deshalb hatte ich vor Weimar immer Angst, ­so als könnte man dort nur verlieren, Mozart gegen Goethe. Als Kind hielt ich ja Jesus, Mozart und Lauda für die berühmtesten Österreicher. Dann gab es eben Goethe, von dem wusste ich nur wenig. Er war gemeinsam mit Hitler und Beckenbauer der berühmteste Deutsche. Mein Vater erzählte mir, dass Goethe keine Brillen mochte, Politiker war und in Weimar lebte. Er sagte nicht, zu welcher Zeit, sodass ich Goethe immer irgendwie für einen brillenhassenden Zeitgenossen hielt. Mein Vater, kurzsichtig, mochte ebenfalls keine Brillen, seiner Ansicht nach verschwammen die Farben des herbstlichen Walds ohne Sehhilfe viel schöner vor den Augen. Auch ich gewöhnte mir nun an, bestimmte Dinge nicht zu mögen. Als ich mit 12 oder 13  Jahren eine Brille hätte tragen sollen, ließ ich sie weg. In der Schule schrieb ich von meinem Banknachbarn ab statt von der Tafel.

Salzburg war also Team Mozart – wie jeder richtige Salzburger hab ich sein Geburtshaus bis heute nicht besucht – und Weimar Team Goethe. Die andere Seite der Medaille. Als ich an die dreißig war, las ich einen Text der damals sehr jungen Sibylle Berg über ihre Geburtsstadt Weimar. Mir wurde erstmals bewusst, dass Weimar einst in der DDR gelegen war. Es war eine Art Hassode, keine Ahnung, wo sie publiziert war, aber als Kleinstadtkind beeindruckte sie mich, weil sie so unverblümt von Salzburg zu handeln schien.

Später schloss ich Frieden mit Salzburg – und fuhr sogar einige Male nach Weimar. Natürlich immer, ohne das Goethe-Haus zu besuchen: Ich fühlte mich einheimisch. Mich interessierte die Kunstschule Bauhaus, die 1919 in Weimar von Gropius gegründet wurde und gerade 100 Jahre alt geworden ist. Darüber sollte dieses „Amanshausers Album", das hundertste, eigentlich handeln. Schade, ich hab mich verplaudert, aber alles Gute zum Geburtstag! Ich trage übrigens seit 25 Jahren erfolgreich eine Brille, ich mag Brillen heute sehr gern. Änderungen sind möglich. Danke für die Glückwünsche! Abschweifung ist mein Geschäft.

www.amanshauser.at

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