Demo gegen Polizeigewalt: Blumen für die Polizisten

Die Presse/Teresa Wirth
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Bei der Demo gegen Polizeigewalt am Donnerstagabend in Wien gab es nicht nur, aber vor allem Blumen für die Polizisten. Etwa 2000 Menschen gingen auf die Straße, um gegen das harte Vorgehen der Polizei bei einer Klimademo vergangene Woche zu demonstrieren.

Ihren Empörung über das harte Durchgreifen der Polizei bei einer Klimademo in Wien haben Klimaaktivisten und Sympathisanten bisher in den Sozialen Medien geäußert, am heutigen Donnerstag gehen sie auf die Straße. Unter dem Motto „Halt der Polizeigewalt“ hat das Klimabündnis „System Change not Climate Change“ zu einer Kundgebung aufgerufen, um gegen die Vorfälle von vergangener Woche zu demonstrieren. Das Innenministerium will indes eine „lückenlose Aufklärung“ sicherstellen.

Am Freitag hatten Klimaaktivisten Teile des Rings bei der Urania blockiert. Die Polizei versuchte die Straße zu räumen, was zu teils verstörenden Szenen führte: Ein Demonstrant wurde am Boden fixiert, ein Beamter schlug neun Mal mit Faust auf den am Bauch liegenden Mann ein. Bei einer anderen Festnahme wurde ein deutscher Aktivist von zwei Beamten so bäuchlings am Boden fixiert, dass der Kopf des Mannes unter einem Polizeibus zu liegen kam - der kurz darauf beinahe wegfuhr. Außerdem sollen mehrere Aktivisten zum Teil schwer verletzt worden sein. Gegen vier Beamte wird nun ermittelt.

Route entlang von Polizeigebäuden

Etwa 1000 Teilnehmer waren bei der Demo erwartet worden, die um 18 Uhr vor dem Verkehrsministerium in der Radetzkystraße startete. Zu Beginn der Demo waren allerdings höchstens einige 100 Menschen bei dem Startpunkt eingetroffen. Organisatoren schätzten im Verlauf, dass 2100 bis 2300 Menschen teilnehmen würden - „eigentlich 2800“, sagte eine Organisatorin zur „Presse“, „denn die 500 Polizisten demonstrieren ja auch um ihr Ansehen mit“. Offizielle Zahlen gab es am späten Abend dann von der Polizei: 1500 Menschen, hieß es, sollen an der Demonstration teilgenommen haben.

Die Polizei hielt sich - wohl um Ereignisse wie vergangene Woche zu vermeiden - im Hintergrund. Sie soll mit 490 Beamten im Einsatz sein. Aggressionen waren aber auch unter den Demonstranten keine zu spüren. Einige hatten sogar Blumen mitgebracht - als Symbol für die Gewaltfreiheit. „Die sind für die Polizei“, erklärt eine Demonstrantin. Sie wolle damit nicht die Geschehnisse nichtig machen, „aber einfach zeigen, dass es auch ohne Gewalt geht“.

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Mit dem Reden der Organisatoren wurde die Stimmung dann doch noch ein bisschen aufgeheizt. Ansagen wie „Polizeigewalt ist kein Einzelfall, Polizeigewalt hat System“ wurde mit lautstarken Pfiffen und Buh-Rufen von der größer werdenden Menge beantwortet. „Uns geht es nicht darum, die Polizei zu provozieren“, sagte einer der Aktivisten, die vergangenen Freitag die Straße blockiert hatten. „Aber nur, wenn wir das auf der Straße machen, werden wir gehört.“ Denn aufgrund der Klimakrise bleibe keine Zeit mehr. Tatsächlich waren es größtenteils Klimaaktivisten, die sich mit den Betroffenen solidarisch zeigten. Mitglieder von Greenpeace, Global 2000, aber auch Birgit Hebein und Alev Korun von den Grünen hatten sich unter die Menge gemischt.

Dicht geschlossene Reihen, zurückhaltende Exekutive

Auch manche Demonstranten wählten härtere Töne. „Fuck the Police“ oder „Wiener Polizisten - Mörder und Rassisten“ hörte man von jenen, die mit Antifa-Fahnen gekommen waren. Einige wenige waren vermummt. Doch auch da hielt sich die angesprochene Exekutive zurück: Polizisten hielten sich nur am Anfang und am Ende des Demonstrationszugs auf und sicherten - wenn auch mit dicht geschlossenen Reihen - die angrenzenden Straßen ab.

Die Presse/Teresa Wirth

Die Route der Demonstranten führte über die Aspernbrücke, wo am Freitag die Sitzblockade von der Polizei geräumt worden war, über die Obere Donaustraße zur Rossauer Kaserne und das dortige Polizeianhaltezentrum, wo eine Zwischenkundgebung am Schlickplatz geplant war. Im Anschluss ging die Demo über den Schottenring an der Landespolizeidirektion vorbei zum Sigmund-Freud-Park, wo die Schlusskundgebung geplant war.

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Demonstranten zündeten einzelne Rauchtöpfe, zu Beginn des Marschs gab es auch ein kleines Feuerwerk. "Es gibt kein Recht auf Polizeigewalt" wurde immer wieder lautstark skandiert. "Ihr fahrt uns über den Kopf, aber sicher nie über den Mund" oder "Polizei für Bürgerinnen" stand auf Schildern geschrieben.

Schon vor der Schlusskundgebung waren immer wieder Teilnehmer abgebogen, die Landespolizeidirektion passierten noch rund 1000 Personen. "Es ist alles ruhig geblieben, Anzeigen wurden keine erstattet", sagte Polizeisprecher Daniel Fürst, als die Schlusskundgebung begann. Diese wurde von den meisten Teilnehmern im Gras vor der Votivkirche sitzend verfolgt, ehe noch DJ auflegten. Die Polizei hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon großteils zurückgezogen. Angemeldet war die Kundgebung bis 22 Uhr.

Innenministerium sichert „lückenlose Aufarbeitung“ zu

Kurz vor Start der Demo hat das Innenministerium via Aussendung eine "lückenlose Aufarbeitung der Vorgänge" zugesichert. Bereits unmittelbar nach den Vorfällen seien die strafrechtlichen Ermittlungen durch einen Anlassbericht der Landespolizeidirektion selbst eingeleitet worden, betonte die Behörde.

"Die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit wird den Einsatz beim Demonstrationsgeschehen und die Vorfälle umfassend evaluieren und die aus dieser Evaluierung allenfalls resultierenden Ergebnisse umsetzen", wurde der geschäftsführende Generaldirektor Franz Lang zitiert. Außerdem verwies das Innenministerium darauf, dass die Aufarbeitung von der Justiz und zum anderen durch die Dienstbehörde zu erfolgen hat.

Die Untersuchung erfolge auf Grundlage eines erst im Jahr 2018 im Zusammenwirken mit der Justiz und NGO festgelegten Vorgehens. Das Referat für besondere Ermittlungen der Polizei werde unter der Leitung und im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien ermitteln. Die Staatsanwaltschaft habe bereits Beweismittel erhalten und Vernehmungen durchgeführt, betonte das Innenministerium.

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