Jeep Wrangler: Für jede Schlammschlacht gerüstet

Dort, wo er hingehört: Der Jeep Wrangler ist eines der letzten echten Geländeautos. Innen vermittelt er in der neuen Generation ein wenig SUV-Gefühl.
Dort, wo er hingehört: Der Jeep Wrangler ist eines der letzten echten Geländeautos. Innen vermittelt er in der neuen Generation ein wenig SUV-Gefühl. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Jeep hat den Wrangler überarbeitet, um ihn tauglich für die neuen Abgasvorschriften zu machen und Fußgänger besser zu schützen. Trotzdem ist er ein echter Geländewagen geblieben – einer der letzten seiner Art.

Wien. Man muss einleitend kurz ausholen, damit nicht jemand auf die Idee kommt, der Jeep Wrangler sei ein SUV.

Eines der markantesten Merkmale eines Geländewagens sind Starrachsen. Sie sind nicht nur härter im Nehmen, sie garantieren auch eine bessere Verschränkung und eine konstante Bodenfreiheit.

Für den Fahrkomfort ist eine starre Verbindung der Räder freilich weniger dienlich. Deshalb setzt Mercedes im neuen G vorn auf eine Einzelradaufhängung – ein Grund für Schnappatmung bei jenen fünf, sechs Personen, die sich einen G tatsächlich für den harten Geländeeinsatz kaufen. Ein Komfortgewinn für alle anderen.

Der Jeep Wrangler hat auch in der vierten Generation vorn und hinten eine Starrachse. Wohl auch, weil dessen Käufer nicht nur in die Beverly Hills fahren. Überhaupt haben die Italoamerikaner keine Experimente bei der Neuauflage der Legende gewagt. Äußerlich sieht der Wrangler ziemlich gleich aus wie der Vorgänger, obwohl er jetzt alle Anforderungen für den Fußgängerschutz erfüllt (unter anderem durch die deutlich verlängerte Frontschürze, die ästhetisch – na ja, eine Herausforderung ist).

Ein Hauch von Audi Q7

Dennoch hat dieser Wrangler DNA von einem SUV in sich – ungefähr so viel wie ein Audi Q7 von einem Geländewagen. Also sehr wenig. Es genügt aber, damit man jetzt mit dem Wrangler trotz der Starrachsen auch auf der Autobahn fahren kann. Früher war das ja eine Herausforderung – akustisch, gesundheitlich (Bandscheiben, Zugluft!) und fahrerisch. In der aktuellen Generation haben die Ingenieure die Wankbewegungen verbessert, die Dämpfer modifiziert, die Federraten angepasst – und allzu laut ist es auch nicht mehr, wenn man nicht zu knapp an die Toleranzgrenze von Radargeräten geht.

SUV-Gefühl bekommt man vor allem innen mit der Soft-Touch-Oberfläche, den Ziernähten, den USB-Ladeanschlüssen, einem 8,4-Zoll-Touchscreen, der Apple CarPlay bzw. Android Auto unterstützt, den Chrome-Akzenten und der Lenkradheizung. Für Puristen ein Pfui, man schätzt es aber schnell, dass man sehr komfortabel durch den Matsch und über Felsen fahren kann.

Womit wir beim eigentlichen Sinn und Zweck dieses Autos sind: Einen Jeep Wrangler kauft man sich nicht, um in die Stadt zu pendeln oder mit der Familie nach Spanien auf Urlaub zu fahren. Dafür gibt es bessere Alternativen im SUV-Fuhrpark.

Einen Jeep Wrangler kauft man sich, um als Jäger zur abgelegenen Jagdhütte zu kommen oder als Förster Nachschau im Wald zu halten. Mittlerweile ist es freilich hilfreich, wenn man den Wald besitzt. Der Jeep Wrangler ging im Preis nämlich ordentlich nach oben. Der Einstieg liegt bei uns inklusive NoVA und Mehrwertsteuer bei 57.961 Euro (in den USA sind es knapp 28.000 Dollar), unser Testfahrzeug (Unlimited Sahara) kam auf 72.390 Euro. Dafür bekommt man bei Jeep schon den Oberindianer, den Grand Cherokee, der als Trailhawk dem Wrangler nur im extremsten Gelände nachsteht, dafür aber jede Menge Komfort und Luxus bietet und auch vor der Staatsoper eine gute Figur macht.

Aber man kauft Autos ja nicht nur mit dem Kopf, sondern vor allem mit dem Herzen. Deswegen sieht man auch so viele Wrangler in Wiens Innenstadtbezirken stehen. Hier hat sich jemand ein amerikanisches Lebensgefühl gekauft – mit europäischen Anpassungen. Denn der Abgasnorm geschuldet gibt es den Wrangler nur noch mit Vierzylindermotoren. Das hat bei uns im ersten Moment eine stärkere Schnappatmung verursacht als die Einzelradaufhängung beim G. Kann man so ein Auto ohne einen V6 überhaupt durch den Fluss und in den Wäldern bewegen?

Man kann. Der 2,2-Liter-Dieselmotor des Sahara liefert 200 PS (147 kW) und ist uns im ganzen Test auch dank der sehr gut abgestimmten Achtgangautomatik nie als schwachbrüstig aufgefallen. Auf dem Papier entfaltet er ein Drehmoment von 450 Newtonmetern – genug, um problemlos die inoffizielle Teststrecke bei unserem freundlichen Wienerwald-Förster zu absolvieren.

Natürlich unterstützt vom neu entwickelten Allradantrieb mit einer permanenten Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse (seltsamerweise 4H Part Time genannt). Auf der Straße genügt der reine Hinterradantrieb (2H) oder der automatische Allrad („4H Auto), fürs Gelände gibt es die Untersetzung (4L).

Wobei: Wenn man sich schon einen Jeep Wrangler kauft, dann sollte man zum Rubicon greifen mit sperrbarem Differenzial vorn und hinten und dem kleinen, aber klugen „Sway Bar“-Knopf. Mit ihm entkoppelt man die vorderen Querstabilisatoren, erhält somit zusätzlichen Federweg und bewältigt jedes Gelände recht entspannt. Braucht man, auch wenn man in Wiens Innenstadt lebt!

DATEN

Maße. L/B/H: 4882/1894/1828 bis 1901 mm (Hard- oder Softtop); Radstand: 3008mm; Gewicht: 2119kg.

Motor. Vierzylinder-Diesel; 2143 cm3; 147 kW/200 PS; 450 Nm; Abgasklasse: Euro-6d-Temp.

Testverbrauch. 9,6 Liter/100 km.

Gelände. Böschungswinkel: 35,4 Grad (vorn), 30,7 (hinten) 20 (Rampe); Bodenfreiheit: 242mm, Wattiefe: 76 cm.

Preis. Ab 57.961 Euro; Testfahrzeug: 72.390 Euro (Unlimited Sahara).

Compliance-Hinweis:
Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.