Die Kanzlerin präzisiert die "Grundregeln für die Zusammenarbeit“ für ihr Regierungsteam. Innenminister Peschorn kündigt an, sich "alles" anschauen zu wollen, egal, wer welche Dinge ins Rollen brachte.
"Die Bundesregierung und ihre Mitglieder üben sich in Zurückhaltung und Bescheidenheit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben innerhalb der Ressorts sowie im Außenauftritt." So lautet eine der "Grundregeln für die Zusammenarbeit", die die neue Kanzlerin Brigitte Bierlein ihren Regierungskollegen beim ersten Ministerrat schriftlich mit auf den Weg gegeben hat. Einer von ihnen ist Innenminister Wolfgang Peschorn, der am Freitag ein "Missverständnis" in der medialen Lesart ortete. "Die Frau Bundeskanzlerin hat nicht Zurückhaltung irgendjemandem auferlegt", betonte er am Freitag in Luxemburg vor dem EU-Innenrat.
"Ganz im Gegenteil: Wir sind dazu berufen, im Sinne der Frau Bundeskanzlerin Dinge, die beschlossen sind, auch umzusetzen. Das ist ja die große Chance und Aufgabe dieser Bundesregierung und alles andere ist eine Missinterpretation", meinte der seit Montag amtierende Minister auf die Frage, ob denn Zurückhaltung angesichts der auf EU-Ebene anstehenden wichtigen Entscheidungen wie die Besetzung der Topjobs oder Weichenstellungen für den Finanzrahmen 2021 bis 2027 der richtige Weg sei, um Österreichs Interessen in Europa durchzusetzen.
Auch Kanzlerin Bierlein selbst sah sich am Freitag zu einer Präzisierung veranlasst: "Selbstverständlich stehen die Minister dieser Regierung für Interviews und Medienanfragen bereit und tragen damit auch zum Vertrauen in diese Regierung bei“, betonte sie in einer schriftlichen Stellungnahme - und zwar nicht nur mit "Fachjournalisten". "Die in den Medien zitierten Leitlinien - einschließlich des Ausdrucks 'Fachjournalist' - waren missverständlich", hielt sie fest. Gemeint gewesen sei, dass Medienarbeit nur zum eigenen Ressort bzw. "Fach" getätigt werden sollte. Und: "Was aber auch klar ist: Wir wollen keine Inszenierung."
"Mich trifft die Ministerverantwortung"
Erste „Fachfragen“ beantwortete sodann auch Peschorn am Freitag: Ob er wie sein Kurzzeit-Vorgänger Eckart Ratz (Stichwort: 1,50 Euro Stundenlohn, "Ausreisezentrum"-Schilder oder Medienerlass) daran denke, umstrittene Projekte von Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl rückabzuwickeln - etwa in puncto Polizeipferde? Peschorn schloss dies zumindest nicht aus: "Mich trifft die Ministerverantwortung. Ich habe hier die Verwaltung in meinem Wirkungsbereich zu führen und das bedeutet, dass ich mir alles anschaue." Das habe aber nichts damit zu tun, "von wem welche Dinge ins Rollen gebracht worden sind".
Seine Aufgabe sei es, "Dinge ganz ordentlich abzuarbeiten", sagte Peschorn. Er bitte aber um Verständnis, denn "allen anderen Regierungen werden meistens 100 Tage eingeräumt. Ich glaube, ich bin noch nicht einmal in der 100. Stunde angelangt.“ Er könne aber versichern: "Wir und auch ich werden es schneller machen, 100 Tage brauche ich nicht. Wir arbeiten rund um die Uhr und ich bin schon ganz gut eingearbeitet - einfach deswegen, weil ich ein super Team in diesem Ressort vorgefunden habe und wir werden das alles lösen."
"Das Asylrecht ist ein Sonderrecht"
Aus eben diesem Ressort wurde am Freitag sodann per Aussendung mitgeteilt, dass der Innenminister in Sachen Asylpolitik am türkis-blauen Kurs festhalte. Ein Abschiebestopp für Lehrlinge, wie ihn etwa die Neos und die Grünen erneut gefordert hatten, komme nicht infrage. Allein schon aus rechtsstaatlichen Überlegungen sei nicht beabsichtigt, vom bisher praktizierten Vorgehen abzuweichen.
"Das Asylrecht ist ein Sonderrecht. Als solches kommt es jenen Menschen zu Gute, die in ihrem Herkunftsstaat im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention verfolgt werden und daher nicht dorthin zurückkehren können", argumentiert das Innenministerium.
(APA/Red.)