Bauherrenmodell: Wohnungen statt Anteile

Im Grazer Stadtteil Straßgang entstehen 139 Wohnungen, Gesamtinvestitionssumme ist 43,35 Mio. Euro.
Im Grazer Stadtteil Straßgang entstehen 139 Wohnungen, Gesamtinvestitionssumme ist 43,35 Mio. Euro.(c) freeDIMENSIONS/ ifa AG
  • Drucken

Mit Steuerzuckerln und Förderungen für private Investoren macht die Wohnraumschaffung nach dem Bauherrenmodell dem Errichten von Vorsorgewohnungen Konkurrenz. Die Steiermark ist derzeit Vorreiter.

Wer sein Geld in Immobilien investieren will, muss nicht immer zur Vorsorgewohnung greifen. Für manche Anleger sei die Beteiligung an einem Bauherrenmodell die sinnvollere Option, raten Experten. Dabei finanzieren mehrere Investoren gemeinsam die Sanierung eines Altobjekts oder die Neuerrichtung und erwerben dabei Anteile am Gebäude. Das bringt ihnen neben der Eintragung ins Grundbuch zunächst Steuervorteile und Förderungen, die es bei Vorsorgewohnungen nicht gibt, später Renditen durch die Vermietung der Immobilie.
Der Haken dabei: Später selbst in seinem Investment zu wohnen geht im Regelfall nicht. Die Anleger erwerben nämlich keine konkreten Wohnungen, sondern nur ideelles Miteigentum. Das macht einen späteren Verkauf dieser Anteile auch schwierig: Ein Käufer für eine Wohnung findet sich meist rasch, die Suche nach jemandem, der für ein nicht greifbares „Haus-Zehntel“ Geld hinlegen will, kann sich da schon schwieriger gestalten – wenngleich auch dafür Nachfrage besteht.

Überschaubarer Markt

Das Angebot an Bauherrenmodellprojekten in Österreich ist überschaubar: Einige wenige Unternehmen teilen sich den Markt. Aktuell werden für etwa zwei Dutzend Vorhaben Anleger gesucht. Das liegt zum einen daran, dass nicht jeder im selben Ausmaß von den Vorteilen profitiert. Denn Zielgruppe sind vor allem Personen mit einem Jahreseinkommen ab etwa 60.000 Euro – nicht so sehr aufgrund des erforderlichen Eigenkapitaleinsatzes, der von den Experten mit rund 30.000 bis 50.000 Euro zusätzlich zu einem langfristigen Bankdarlehen angesetzt wird. Vielmehr muss man es sich leisten können, diese Summe während einer meist zwei- bis dreijährigen Vorlaufs- und Sanierungsphase hinzulegen, ohne noch Mieteinnahmen zu lukrieren. Und: Die Steuervorteile wirken sich erst bei Besserverdienern in vollem Umfang aus. Die Investitionen der Anfangsphase können steuerlich als Verluste geltend gemacht werden, darüber hinaus ist in der Folge eine Abschreibung der Baukosten über 15 Jahre möglich. Dadurch verringert sich in diesem Zeitraum die Einkommensteuer.
Zum Vergleich: Bei herkömmlichen Immobilien sind die Kosten nur über 67 Jahre verteilt abschreibbar. Für „Personen, die viel Steuern zahlen“, sei das Bauherrenmodell daher laut Erwin Haselberger besonders geeignet. Er ist Vertriebsdirektor und Prokurist des Veranlagungsspezialisten Ifa AG, der als unangefochtener Marktführer bisher über 460 derartige Projekte umgesetzt hat und dabei auch Großvorhaben im Premiumsegment realisiert. Erst vor wenigen Tagen wurde beispielsweise das Palais Faber in Salzburg mit einem Volumen von 60 Millionen Euro erfolgreich platziert.
Zudem wird es für die Anbieter immer schwieriger, geeignete Objekte zu finden. „Der Markt ist sehr selektiv“, formuliert es Robert Fotter, Gründungspartner der Wohninvest GmbH, die in den bisherigen elf Jahren ihres Bestehens rund 50 Sanierungen über das Bauherrenmodell finanziert und sich dabei auf Zinshäuser aus der Gründerzeit spezialisiert hat.
Ein aktuelles Projekt betreut die Wohninvest in der Brünner Straße im 21. Bezirk. Dort werden 28 Wohnungen errichtet. Finanziert wird nach der „KG-Variante“: Die Eigentümer schließen sich nicht, wie meist üblich, zu einer Eigentümergemeinschaft, sondern zu einer Kommanditgesellschaft zusammen. Nicht die einzelnen Investoren stehen im Grundbuch, sondern die KG. Fotter sieht darin finanzielle Vorteile für den Einzelnen im Fall einer Übertragung seiner Anteile.

Wachstumsstadt Graz

Ein weiteres Vorhaben betreibt die Wohninvest in der Ungergasse in Graz. Dass derzeit alle großen Anbieter Projekte in der Steiermark im Portfolio haben, hat mehrere Gründe. Zum einen weist die Hauptstadt Graz einen Bevölkerungszuwachs auf, der prozentuell größer als jener von Wien ist. Leistbaren Wohnraum zu schaffen ist daher an der Mur ein Gebot der Stunde. Um Privaten ein diesbezügliches Engagement schmackhaft zu machen, hat man in der Steiermark die Förderrichtlinien für das Bauherrenmodell, die Landessache sind, sehr liberal gestaltet. Das größte „Zuckerl“: Die Bauherren dürfen nicht nur ideelle Anteile, sondern konkrete Wohnungen erwerben. Das ist in keinem anderen Bundesland möglich. Damit können die Investoren nach Ablauf einer vorgeschriebenen 20-Jahr-Frist ihre Wohnung für den Eigenbedarf nutzen. „Auf diese Weise genießt der Anleger die Vorteile des Bauherrenmodells und jene einer Vorsorgewohnung“, sagt Haselberger. Die Ifa AG hat mit dem Green Paradise in der Straßganger Straße am westlichen Grazer Stadtrand ein solches Projekt am Start. Im kommenden Frühjahr soll mit der Errichtung von 84 Wohnungen begonnen werden; weitere 55 Wohnungen werden über die KG-Variante finanziert. Die Wohninvest verhandelt gerade über den Zukauf zweier Objekte in Graz, in denen ebenfalls einzelne Wohnungen parifiziert werden.
Zudem bieten die aufstrebenden Grazer Stadtviertel Gries und Lend sehr gute Voraussetzungen für Investoren. „Die Immobilienpreise sind noch auf erträglichem Niveau, gleichzeitig sind die Richtwertmieten höher als in Wien“, sagt Fotter. Das ergibt unter dem Strich gute Rendite und ermöglicht somit die relativ rasche Einbringung der Investitionskosten über die Miete. Erst ab diesem Zeitpunkt dürfen nämlich die Investoren ihre Anteile veräußern, ohne die beanspruchten Steuervorteile zurückzahlen zu müssen. In der Regel sind dafür 25 Jahre vorgesehen. Zudem ist eine Wertsteigerung der Objekte zu erwarten – ähnlich wie in Wien im 21. oder 22. Bezirk, wo die Ifa AG die noch erschwinglichen Immobilienpreise bei einem Vorhaben in der Aspernstraße nutzt.
Auf ein besonderes Segment hat sich ein weiterer Anbieter, die Öko-Wohnbau GmbH, spezialisiert. Sie holt bereits vor dem Baustart fixe Betreiber an Bord, die sich für viele Jahre verpflichten und das Haus unter speziellen Gesichtspunkten weitervermieten.

Betreutes Wohnen

Unter anderem entsteht derzeit in der Babenbergerstraße in Graz eine Wohnanlage mit „Betreutem Wohnen“. Geschäftsführer Wolfgang Stabauer: „Damit tragen wir dem demografischen Wandel Rechnung und bieten den Investoren, die mit dem klassischen Bauherrenmodell gesättigt sind, etwas Neues. Vorteil für die Anleger: Die Vermietung ist auf lange Zeit gesichert.“ In Leoben, nahe der Montanuniversität, plant die Öko-Wohnbau die Errichtung von 80 Studentenwohnungen bis Herbst kommenden Jahres, weitere Projekte tragen dem Gedanken des Generationenwohnens Rechnung.
Aber nicht nur in der Steiermark, auch anderswo forciert die öffentliche Hand das Bauherrenmodell. Die Experten jedenfalls raten, angebotene Projekte sehr sorgfältig zu prüfen. Ein vorzeitiger Ausstieg könnte mit finanziellen Verlusten verbunden sein und kann schlimmstenfalls im Desaster enden.

Lexikon

Beim Bauherrenmodell erwerben die Anleger bereits vor Baubeginn Anteile an einer Immobilie. Sie sind damit rechtlich gesehen Bauherren, um Planung und Baufortschritt kümmern sich allerdings die Anbieter. Die Gewinne erfolgen durch Inanspruchnahme von Förderungen und Steuervorteilen (weshalb strenge Richtlinien zu beachten sind) sowie nach Fertigstellung durch die Vermietung. Die Eigentümer bilden meist Mietenpools, um das Leerstandsrisiko zu minimieren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.