Favorit Boris Johnson gibt sich ungewohnt freundlich, zurückhaltend und inklusiv, um möglichst viele Stimmen für den Parteivorsitz auf sich zu vereinen. Das Rudel seiner Verfolger wird aber immer größer.
London. Im Schatten des Staatsbesuchs von US-Präsident Donald Trump und des Gedenkens an den 75. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie ist der May-Day fast untergegangen. In einem Austausch förmlicher Schreiben erklärte die britische Premierministerin Theresa May am Freitag ihren Rücktritt als Parteiführerin. Ihre konservative Partei bestätigte die Kenntnisnahme. Schlagzeilen machte dagegen die Nachwahl im ostenglischen Peterborough, wo die Brexit Party um Haaresbreite gegen Labour verlor. Ihr Parteichef Nigel Farage ließ es sich nicht verdrießen und verlas vor der Downing Street einen Appell: „Wir sind bereit, zu helfen.“
Diese Hilfe ist allerdings unerwünscht, denn für die Konservativen stellt Farage „eine existenzielle Bedrohung“ dar, wie der führende Kandidat um die Nachfolge Mays, Ex-Außenminister Boris Johnson, warnte. Farages einzige politische Position ist eine sofortige Umsetzung des EU-Austritts um jeden Preis. Johnson bezeichnet sich als „einzigen Kandidaten, der Farage in seine Kiste zurückzwingen kann“. Er ist der unbestrittene Favorit um die Nachfolge Mays.
Dabei gibt sich der sonst oft ungestüm und chaotisch auftretende Ex-Außenminister nun betont zurückhaltend. Die Medien scheut der 54-Jährige, für die Hinterbänkler seiner Partei hat er auf einmal Zeit und in seinem Wahlkampfvideo präsentiert er sich als freundlicher Mann, der eine ältere Dame höflich um ihre Stimme bittet. Sogar die Haare hat er sich schneiden lassen. Die Musik in dem Video verströmt Optimismus – und das ist auch die Botschaft.