Putin erpresst die Europäer mit den Chinesen

Die Botschaft in St. Petersburg lautet: Wir können auch ohne Europa.
Die Botschaft in St. Petersburg lautet: Wir können auch ohne Europa. (c) REUTERS (POOL)
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Auf dem großen Wirtschafsforum in St. Petersburg demonstrierte Putin so stark wie noch nie, dass er China als Ersatzpartner hat, wenn Europa die Sanktionen nicht aufhebt. Die Europäer indes suchen den Weg zurück – auf Krücken.

Das Match zwischen Europa und China als Russlands bevorzugtem Partner lässt Kremlchef Wladimir Putin diese Woche besonders delikat spielen. Und die Art wie er den chinesischen Staatschef Xi Jinping und seine über 1000-köpfige Delegation auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, dem größten Event im russischen Wirtschaftsjahr, hofiert, kann man fast schon als Erpressung Richtung Westen deuten. „Man will ganz offenbar zeigen, dass Russland auch ohne Euch in Europa kann“, wie es ein Forumsteilnehmer und Aufsichtsratsmitglied eines russischen Staatskonzerns, das anonym bleiben will, im Gespräch mit der „Presse“ bedauernd formuliert.

Putin hatte Xi schon am Donnerstag getroffen, ehe er gestern mit ihm gemeinsam auf dem Forum vor Tausenden nationalen und internationalen Geschäftsleuten auftrat. Und er hatte Richtung EU angesichts der verfahrenen Beziehungen seine Sicht unmissverständlich kundgetan. Ja, man hoffe, dass sich nach der jetzigen EU-Wahl etwas bezüglich Russland ändere: Sollten die EU-Sanktionen fallen, werde sein Land das Handelsembargo für Lebensmittel aus der EU aufheben.

Zuerst ihr also, dann wir. Es gibt auch Kräfte im russischen Establishment, die das anders sehen. Er sei dafür, dass die geopolitischen Spannungen überwunden werden und dass beide Seiten einander entgegenkommen, sagte etwa Alexej Kudrin, Rechnungshofpräsident und vor allem Kopf des liberaleren Lagers. Und wenn repräsentativ ist, was ein russischer Milliardär, der auch nicht mit Namen genannt werden will, im Gespräch mit der „Presse“ deponierte, dann ist die Zeit für eine Wende überreif: „Den Geschäftsleuten auf allen Seiten hängt dieser ganze Irrsinn der Politik derart zum Hals raus, dass ich es Ihnen gar nicht sagen kann“.

Die Sanktionen hängen zum Hals raus, weil sie über dem Geschäft mit dem Westen lasten. Seit ihrer Verhängung nach der Krim-Annexion vor fünf Jahren haben sie den russischen Handelsaustausch mit Europa wuchtig getroffen, während derjenige mit China von einem Rekordhoch zum nächsten eilte. Unter allen ausländischen Kollegen sei Putin sein „engster und innigster Freund“, sagte Xi zur russischen Nachrichtenagentur TASS. Haben die westlichen Sanktionen Russland in die Arme der Chinesen getrieben, so treibt nun auch noch der US-chinesische Handelskonflikt Peking näher zu Moskau hin, obwohl die beiden Bevölkerungen einander sehr skeptisch gegenüberstehen.

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