Pest-Genome belegen Ausmaß der Pandemie

Justinianische Pest erreichte Britannien.

Über 200 Jahre lang, von 541 bis ca. 770 n. Chr. wütete die Pest in Nordafrika, Vorderasien und Europa, mit verheerenden Folgen für die damals lebenden Menschen. Manche Quellen gehen davon aus, dass die Bevölkerung des Oströmischen Reiches um die Hälfte reduziert wurde, die Seuche soll gar zum Ende der Antike beigetragen haben. Die Schätzungen der Opferzahlen schwanken jedoch stark, auch über ihre Ausbreitung berichten historische Quellen uneindeutig.

Verschiedene Erregerstämme

Ein internationales Forscherteam um Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena und unter Beteiligung von Peter Stadler vom Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Uni Wien hat nun in einer neuen Studie (Pnas, 4. 6.) eindeutige Beweise dafür gefunden, dass sich die Pestbakterien bis nach Britannien ausgebreitet haben. Die Wissenschaftler haben Proben von menschlichen Überresten aus frühmittelalterlichen Begräbnisstätten in Deutschland, Frankreich, Spanien und auf den britischen Inseln auf DNA des Pestbakteriums Yersinia pestis untersucht. Sie wurden überall fündig: Verschiedene Stämme des Erregers konnten nachgewiesen werden, die alle eng miteinander verwandt waren.

Die Archäologen kamen bei ihrer Untersuchung zu einem weiteren Ergebnis: Gegen Ende der Pandemie ging den Pestbakterien ein Teil ihrer Virulenz verloren. Bei den jüngsten Proben fehlten den Einzellern zwei Gene, die ihnen im Kampf gegen Makrophagen – Fresszellen des Immunsystems – helfen. Dies konnte das Forscherteam auch bei Pestbakterien aus der zweiten Pandemie beobachten, die Europa vom 14. bis zum 18. Jahrhundert heimsuchte. (APA/däu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2019)

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