Life Ball: Leben – sterben – weiterleben

Gery Keszler verneigt sich ein letztes Mal.
Gery Keszler verneigt sich ein letztes Mal. APA (Georg Hochmuth)
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Mit der 26. Ausgabe will Organisator Gery Keszler den Life Ball zu Grabe tragen. Kaum jemand glaubt aber wirklich daran, dass das „Fest des Lebens" in Wien zu Ende gehen soll.

Das Dach schimmert in Regenbogenfarben, links und rechts der einem Zirkuszelt nachempfundenen Bühne dienen riesige Portale als Auf- und Abgänge. Vervollständigt wird die Rummelplatz-Atmosphäre am Samstagabend vor dem Rathaus von einem Riesenrad und den Klängen einer 100 Jahre alten Orgel, die zur Eröffnungsshow ausgeklappt wird. Einer Show, die so laut und so spektakulär ist, wie man es vom Life Ball kennt.

Geht es nach Gery Keszler, der den Life Ball vor 26 Jahren ins Leben rief und seither quasi als One-Man-Show organisiert, soll das „Fest des Lebens“ am Samstag zum letzten Mal stattgefunden haben. „Die Entscheidung ist endgültig. Ich verabschiede mich traurig von meinem Kind“, meinte der Gründer des Vereins Life+, der für das Event verantwortlich ist. Als Grund nennt er die im Laufe der Jahre immer schwieriger gewordene Finanzierung des Balls mangels Sponsoren und Unterstützung durch die Stadt Wien.

Aber weder die Stadt noch langjährige Weggefährten wollen seine Entscheidung wahrhaben. Alfons Haider etwa, Unterstützer der ersten Stunde, glaubt nicht daran, dass die 26. Ausgabe die letzte gewesen sein wird. „Es wäre ein Wahnsinn, den Ball jetzt zu Grabe zu tragen“, sagt der Moderator, der auch heuer wieder für den ORF auf dem roten Teppich Gäste interviewte. Er sieht nun vor allem die Stadt Wien am Zug. Denn: „Der Life Ball gehört zu Wien wie die Lipizzaner, das Riesenrad oder der Opernball. Es ist nicht vorstellbar, dass es ihn nicht mehr gibt.“

Damit scheint er bei Bürgermeister Michael Ludwig offene Türen einzurennen. „Ich bin sehr daran interessiert, dass es den Life Ball auch in Zukunft gibt“, sagt Ludwig. Schließlich sei es über den Ball gelungen, Menschen nach Wien zu bringen, die sonst aus „touristischen Gründen“ nicht in die Stadt gekommen wären. „Nach dem Ball am Samstag werde ich daher mit Gery Keszler über die Zukunft des Events reden.“

Zwar wolle er nicht, dass die Stadt selbst den Ball austrägt, aber die Veranstaltung könne in „geänderter Form“ bzw. mit anderen Personen weitergeführt werden. In welcher Form genau, hänge davon ab, inwieweit Keszler zur Zusammenarbeit mit der Stadt und anderen Veranstaltern bereit sei bzw. damit einverstanden wäre, „sein Kind in andere Hände zu legen“.

Keszler wiederum schloss zuletzt nicht mehr aus, dass andere Veranstalter den Ball nach seiner „Vision“ fortführen. „Wir haben viele Menschen inspiriert. Denken Sie an den Diversity Ball oder den Ball Paramour, der heuer erstmals als Hommage an den Life Ball im Pariser Rathaus stattfand.“ Gespräche darüber wolle er aber erst nach dem Ball führen, auf den er seine gesamte Konzentration richte.

Konzept von Roncalli

Unterstützung bekam er dabei von Bernhard Paul und dessen Circus Roncalli. Die Bauten um rund eine Viertelmillion Euro wurden in Köln angefertigt und nach Wien gebracht. Für die Eröffnungsshow konnten auch Pauls Töchter, die Artistinnen Vivi und Lili, gewonnen werden, die an Lustern hingen.

Im Innenhof erwartete die Gäste ein Spiegelzelt aus den 1920er-Jahren, das Paul Anfang der 1980er in Belgien kaufte. Seither ist das Zelt ständig im Einsatz. Paul war einer der Ersten mit der Idee, darin Diner-Shows mit Varietés zu veranstalten. Im Festsaal wurden prominente Gäste des Balls, wie etwa Schauspielerin Katie Holmes, zudem mit „raffinierten Lichteffekten“ überrascht. Jeder Tisch verfügte über Kronleuchter mit Swarovski-Kristallen, die sich drehten. Weitere prominente Gäste des Balls waren unter anderem Burlesque-Tänzerin Dita Von Teese, der deutsche Musikproduzent Mousse T., Sängerin Aura Dione und Schauspieler Gilles Marini. Zu den Höhepunkten des Unterhaltungsprogramms gehörte ein Auftritt der mexikanischen Sopranistin Neivi Martinez, die Songs wie "Whatever Lola Wants" und "Nature Boy" vortrug. 

Das diesjährige Motto lautete „United in Diversity“. Für die Modeschau war der New Yorker Designer Christian Cowan verantwortlich. Moderiert wurde der Ball von Conchita – sie agierte als Zirkusdirektor – sowie Dianne Brill, der Muse von Künstler Andy Warhol. Für Conchita bildete der Life Ball den Startschuss eines Eventmarathons, gehört sie doch zum Team der Euro Pride, dem größten Event der LGBTIQ-Community, also der homo-, bi-, trans- und intersexuellen Personen, das zum zweiten Mal nach 2001 in Wien stattfindet und mit der Regenbogenparade am 15. Juni seinen Höhepunkt feiert. Diese beginnt beim Burgtheater, führt gegen die Fahrrichtung über den Ring und zum Rathausplatz. Für die Abschlusskundgebung sind Statements von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Michael Ludwig angekündigt. Erwartet werden rund 500.000 Menschen. In etwa so viele, wie der Life Ball für gewöhnlich TV-Zuseher hat.

Finale

„United in Diversity“. Der Rathausplatz verwandelte sich dafür in einen Rummelplatz. Für die Eröffnungsshow war die Bühne einem Zirkuszelt nachempfunden, das Dach schimmerte in Regenbogenfarben. Im Innenhof wurde für die Gäste ein historisches Spiegelzelt aufgebaut, auf dem Rathausplatz ein Riesenrad und eine Orgel. lifeplus.org

Euro Pride. Der Life Ball war in diesem Jahr Teil der Euro Pride, die erstmals seit 2001 wieder in Wien stattfindet. Höhepunkt ist die Regenbogenparade am 15. Juni, bei der rund 500.000 Menschen erwartet werden. Die Euro Pride ist das größte Event der europäischen LGBTIQ-Community, also der homo-, bi-, trans- und intersexuellen Personen. europride2019.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2019)

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