"Sie stehlen uns das Rennen": Hamiltons umstrittener Triumph

Lewis Hamilton
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Der Formel-1-Weltmeister fuhr in Montreal nicht als Erster über die Ziellinie - doch er profitierte von einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe gegen seinen deutschen Konkurrenten Sebastian Vettel.

Ein umstrittener Schiedsspruch gegen seinen Rivalen Sebastian Vettel hat Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton den dritten Grand-Prix-Sieg in Folge beschert. Der WM-Dominator fuhr am Sonntag in Montreal zwar nicht als Erster über die Ziellinie, profitierte aber von einer Fünf-Sekunden-Zeitstrafe gegen den Deutschen. Hamilton führt in der WM nun 29 Punkte vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas.

Vettel war 22 Runden vor Schluss unter dem Druck von Hamilton von der Strecke abgekommen und soll den Briten bei der Rückkehr auf die Piste nach Meinung der Sportkommissäre gefährdet haben. Der Ferrari-Star reagierte fuchsteufelswild auf die Entscheidung. "Wo zur Hölle soll ich hin? Ich hatte Gras an meinen Rädern. Sie stehlen uns das Rennen", schimpfte Vettel am Funk.

Nach dem Rennen zog sich Vettel erst ins Ferrari-Motorhome zurück, statt sich Interviews zu stellen. Erst nach einigen Minuten Abkühlungsphase erschien der Vorjahressieger unter tosendem Applaus der Zuschauer zur Siegerehrung. Bei dieser wollte ihn Hamilton zu sich auf das oberste Treppchen holen, Vettel blieb dann bei der Hymne etwas unschlüssig mit einem Bein auf der obersten und einem auf der unteren Stufe stehen.

Lewis Hamilton und Sebastian Vettel
Lewis Hamilton und Sebastian Vettel imago images / Motorsport Images

Zuvor hatte Vettel in der Boxengasse aber noch die Tafel mit der Nummer eins für den Rennsieger von Hamiltons Auto auf den leeren Platz, der eigentlich für seinen Boliden vorgesehen gewesen wäre, gestellt. Durch das für ihn unverständliche Urteil muss der 31-Jährige nun weiter seit August 2018, als er in Spa in Belgien gewonnen hatte, auf einen Grand-Prix-Triumph warten. In der WM liegt er als Dritter bereits 62 Zähler zurück.

Fünfter Sieg im siebenten Saisonrennen

Hamilton dagegen eilt weiter von Erfolg zu Erfolg - selbst bei Rennen, in denen er nicht der stärkste Mann ist. Der Brite erbte den 78. GP-Sieg seiner Karriere, den fünften im siebenten Saisonrennen. Durch seinen siebenten Erfolg in Montreal zog der 33-Jährige bei der 50. Auflage des Rennens mit Kanada-Rekordgewinner Michael Schumacher gleich.

Schmälern lassen wollte er sich den Triumph durch Vettels Malheur nicht. "Das ist nicht die Art und Weise, wie ich gewinnen wollte", sagte Hamilton bei der Zieldurchfahrt am Funk. "Aber ich wäre vorbeigekommen." Vettel sah es zum selben Zeitpunkt naturgemäß ein wenig anders: "Das ist eine verkehrte Welt. Das ist nicht fair. Ich hatte Glück, dass ich nicht in die Mauer gekracht bin." Später führte er weiter aus: "Ich weiß nicht, wofür ich bestraft worden bin. Es ist allgemein bekannt, dass Gras weniger Haftung hat als Asphalt."

Die Szene des Rennens hatte sich in Runde 48 ereignet: Vettel rutschte in einer Schikane von der Piste, kehrte unmittelbar danach aber auf diese zurück. Er zog nach rechts, dadurch war zwischen seinem Ferrari-Boliden und der Mauer kein Platz mehr. Hamilton, der bereits knapp herangekommen war, musste zurückstecken. Im Finish kam der Brite noch einmal nahe an Vettel heran, musste ihn aber gar nicht mehr überholen. 1,342 Sekunden hinter dem Deutschen fuhr er am Ende als Sieger über die Linie.

Leclerc: „Wir waren verdammt schnell“ 

Beinahe hätte Vettel Platz zwei durch die Strafe sogar noch an seinen Teamkollegen Charles Leclerc verloren. "Ich bin glücklich mit der Performance. Wir waren verdammt schnell", sagte Leclerc. Erstmals in dieser Saison landeten nicht beide Mercedes auf dem Podest. Bottas wurde Vierter, schnappte sich im Finish aber noch den Extrapunkt für die schnellste Rennrunde.

Red-Bull-Pilot Max Verstappen, der vom zehnten Startplatz aus ins Rennen gegangen war, musste sich mit Rang fünf begnügen. Der Niederländer wartete bei deutlich heißeren Bedingungen als an den vergangenen Tagen dank härterer Reifen länger mit dem ersten Boxenstopp als seine Kontrahenten, wurde zwischenzeitlich bis auf Platz drei nach vorne gespült. Am Ende wurde es aber sein schlechtestes Saisonergebnis. Der dritte Red-Bull-Podestplatz des Jahres war außer Reichweite. Teamkollege Pierre Gasly wurde hinter den beiden Renaults von Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg Achter.

Vettel war erstmals in dieser Saison aus der Pole Position ins Rennen gegangen, Hamilton heftete sich ab der 40. Runde aber an seine Fersen. Dabei hatte der Weltmeister nicht nur im Training einen Schreckmoment erlebt. Auch kurz vor dem Rennen musste die Mercedes-Crew noch am Auto schrauben, um ein Hydraulik-Leck zu beheben. Das nächste Rennen steht in zwei Wochen in Le Castellet in Frankreich auf dem Programm. Eine Woche später folgt am 30. Juni der Österreich-GP in Spielberg.

(APA)

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