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Legal Tech: Wer hat Angst vor KI?

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Die Digitalisierung lässt auch Juristen nicht unberührt. Das Zauberwort heißt „Legal Tech“, doch was steckt dahinter?

Noch ist Österreich ein weißer Fleck. Zumindest, wenn man das aktuelle Ranking der Legal Tech-Unternehmen auf der Online-Plattform  „CodeX LegalTech“ [https://techindex.law.stanford.edu/] der Stanford Universität als Maßstab hernimmt. Insgesamt sind  dort über 1150 Unternehmen gelistet, die „die Art und Weise verändern, in der Recht angewandt wird“, wie es heißt. Aus Österreich findet sich in dem Verzeichnis noch kein Unternehmen. Trotzdem, das Thema Legal Tech ist auch in Österreich angekommen. „Als ich vor drei Jahren mit IBM und Manz eine Veranstaltung für Rechtsanwälte unter dem Titel ‚Wer hat Angst vor AI?‘ organisiert habe, war das Thema noch nicht so breit im Markt“, erzählt Sophie Martinetz vom Legaltech Hub Vienna (LTHV). Mittlerweile kümmert sich eine ganze Reihe von Organisationen um das Thema, Veranstaltungen schießen aus dem Boden und Legal Tech Unternehmen bieten im Internet ihre Leistungen an.

Berufsbild von Anwälten verändern

Worum geht es bei Legal Tech eigentlich? Die Antwort fällt gar nicht so leicht, denn im Grunde umfasst der Begriff eine Vielzahl von Anwendungen, die juristische Arbeitsprozesse unterstützen oder gänzlich automatisiert durchführen können. Die Bandbreite der Lösungen reicht von Softwareprodukten, die die Büroorganisation erleichtern (z.B. Dokumentenmanagement, Buchhaltung, etc.), über automatisierte Rechtsdienstleistungen bis hin zu IT-Lösungen, die in Zukunft das Berufsbild von Anwälten grundlegend verändern könnten. Lösungen , die auf Basis von künstlicher Intelligenz selbsttätig anwaltliche Tätigkeiten übernehmen können. Letztere werden in Fachkreisen gerne als Legal Tech 3.0 bezeichnet. Bis es tatsächlich so weit ist, wird allerdings noch ein wenig Wasser die Donau hinunterfließen. Softwarealgorithmen werden – ähnlich wie im Health Tech-Bereich – vorerst „nur“ technische Hilfsmittel bleiben, die die Arbeit von Rechtsanwälten unterstützen und effizienter machen, ihnen Routineaufgaben abnehmen und bestimmte standardisierte Arbeiten erledigen.

Verträge fürs Leben

Im gar nicht so kleinen Bereich der Rechtsdienstleistungen, in dem sich mittlerweile eine ganze Reihe von Internetplattformen tummelt, die anwaltliche Leistungen kostengünstig  anbieten, ist das schon anders. Da gibt es etwa vertragen.at, eine Plattform, auf der User mittels eines einfachen Internet-Formulars Verträge zu allen möglichen Lebensbereichen abrufen und direkt ausfüllen können. Insgesamt finden sich 49 Vertragsvorlagen im Portfolio. Ein ähnliches Konzept verfolgt auch die Plattform fairplane.at. Sie widmet sich dem leidigen Thema Flugverspätungen und bietet an, automatisiert Entschädigungen für den User einzufordern. Das Ziel von „Jaasper - Der Robin Hood der KonsumentInnen“, wie sich das achtköpfige Team aus Entwicklern, Juristen und Marketingfreaks, selbst nennt,  ist es, Menschen leicht und kostengünstig Zugang zu professioneller juristischer Beratung zu verschaffen, auch in Fällen mit geringem Streitwert.

Lösung für die Branche

Jaasper  gehört zu jenen fünf Unternehmen, die den Sprung in das Accelerator-Programm des Legaltech Hub Vienna (LTHV) geschafft haben. Gegründet wurde der LTHV auf Initiative von Stefan  Artner, geschäftsführender Gesellschafter der Rechtsanwaltskanzlei  Dorda: „Die Idee entstand, nachdem meine Frau und ich einen Hub für Industrie-Startups besucht hatten und feststellten, dass es für Legal Tech in Europa noch keinen spezialisierten Accelerator gibt. Von Anfang an war für mich als Initiator aber wichtig, eine kanzleiübergreifende Lösung für die Branche zu finden, damit der LTHV auf breiter Basis wachsen kann. Obwohl  die Zusammenführung mehrerer Anwaltskanzleien zur Schaffung dieser Innovationsplattform ungewöhnlich erscheint, war dies der strategische Ansatz, etwas für die gesamte Branche zu schaffen, um Lösungen für die Digitalisierung im Rechtsbereich zu finden und zu fördern, und auch um die rechtlichen Themen rund um die Digitalisierung der Rechtsbranche aufzubereiten.“

In der Folge schlossen sich die sieben Wiener Kanzleien Dorda, Eisenberger & Herzog, Herbst Kinsky, PHH Rechtsanwälte, Schönherr, SCWP Schindhelm und Wolf Theiss zusammen um mit dem Legal Tech Hub Vienna (LTH Vienna) diese Digitalisierungs-Initiative für den Rechtsbereich zu starten.

Lösungen für Europa

Stefan Artner: „Der Fokus des LTHV liegt in Europa und im CEE Raum. Denn für uns ist es wichtig, Lösungen für Europa zu suchen, und damit auch die Attraktivität des Standortes Europa im weltweiten Wettbewerb zu festigen.“  Um die Aufnahme in das erste Accelerator-Programm haben sich 35 Unternehmen aus zehn Ländern beworben. Bei der Auswahl der Teilnehmer durch die Jury wurde einerseits auf die Marktorientierung geachtet und andererseits darauf, dass das Programm den ausgewählten Teilnehmern auch tatsächlich einen Nutzen bringt. Idee, Team, Produkt und Geschäftsmodell mussten deshalb schon in einem fortgeschrittenen Stadium sein. Fünf Bewerber sicherten sich ein Ticket für das Programm, das noch bis Juli läuft.  „Die internationale Ausrichtung war uns von Anfang an wichtig“, sagt Sophie Martinetz vom LTHV: „Das Thema Legal Tech ist ja keines, das auf den kleinen österreichischen Markt beschränkt ist.“

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