Motto am Fluss: Jeder ist anders und alle gleich

Euro Pride zur künstlerischen Umgestaltungs-Party aufs Motto am Fluss.
Euro Pride zur künstlerischen Umgestaltungs-Party aufs Motto am Fluss.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für Nächstenliebe, gegen Diffamierung: Szenegastronom Bernd Schlacher bezieht zur Euro Pride mit einer Kunstaktion Stellung.

Bertha von Suttner ist dabei, Nelson Mandela, Martin Luther King, Harvey Milk und Rosa Parks, auch Pippi Langstrumpf („Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen“) und Christine Nöstlinger: „Wer nichts weiß, muss alles glauben. Auch den größten Unsinn und die schamlosesten Verdrehungen.“

Es sind Bilder und Zitate von Bürgerrechtlern, die die Wiener Künstlerin Lukrezia in Stencil Art verwandelt hat: In Schablonen für Street Art, die heute Nachmittag der Terrasse des Motto am Fluss ein neues Outfit verpassen werden. Hausherr Bernd Schlacher hat dazu Freunde von Marianne Kohn bis Erwin Wurm eingeladen, die für die Kunstaktion an der „Reling“ des Szenelokals am Schwedenplatz zur Spraydose greifen werden. Schon seit einigen Tagen prangt ein weithin sichtbarer Slogan auf den Fenstern des Lokals: „The Motto is Diversity“.

Das ist auf der einen Seite wenig überraschend, war das von Franz Thell 1973 gegründete Stamm-Motto in Wien-Margareten doch eines der ersten Schwulenlokale der Stadt. Schlacher übernahm es 1991, formte drum herum die heutige Motto-Group, die mit ihrem Catering seit Herbst u. a. auch die Hofburg beliefert.

Andererseits überrascht es doch ein wenig, denn Schlacher ist eher als Geschäftsmann denn als Aktivist bekannt. In Erscheinung trat er in den letzten Jahren allenfalls mit seinem Charity-Punsch für die Südafrika-Hilfsorganisation Yabonga. Dass er nun im Rahmen der Euro Pride aktiv wurde, begründet er mit weltweiten politischen Tendenzen der vergangenen Jahre. „Ich habe mir gedacht, ich will ein Zeichen setzen, aber ein Zeichen für alle Menschen, dass wir Menschen doch alle gleich sind, und dass Ausgrenzung zu nichts führt.“

Die zwölf Bilder von Lukrezia, in denen es um Diversität und Respekt geht, sollen durchaus auch seine eigenen Gäste zum Nachdenken anregen, wenn sie bei ihm auf der Terrasse sitzen. Manchmal, so Schlacher, gerate es ja schon ein wenig in Vergessenheit, was im vorigen Jahrhundert passiert ist. Auch die Kellner sollen entsprechende T-Shirts tragen. „Es geht um Liebe, Nächstenliebe, gegen Hass, Ausgrenzung und Diffamierung.“

Schlacher selbst hat zwei Flüchtlinge im Team, die bei ihm eine Lehre machen. „Voll integrierte Menschen, die einen unglaublich tollen Job machen.“ Einer, das weiß er schon, wird fix abgeschoben. Dabei, sagt Schlacher, könnte er sein Geschäft nicht betreiben, „wenn wir keine Ausländer hätten.“ Er will versuchen, den Afghanen weiter zu unterstützen, „in einer Heimat, in der er niemanden mehr hat“.

Was Schwulenhass bedeutet, das habe er wiederum als „1965er-Jahrgang“ als Jugendlicher am Land durchaus miterlebt. Seit er in den Achtzigern nach Wien ging, sei er „stets dazu gestanden, dass ich bin, wie ich bin, ich habe es nie zum Geheimnis, aber auch nie zum Thema gemacht und auch nie ein Problem gehabt, weder mit meiner Familie oder Freunden noch geschäftlich.“ Seither habe sich – auch dank Gery Keszler – viel getan. „Er hat beigetragen,dass Zeitungen darüber geschrieben und ganz normale Menschen wie meine Mutter darüber gesprochen haben. Auf einmal konnte man das Wort schwul und lesbisch in den Mund nehmen.“ Schlacher ist seit sieben Jahren mit Georg Urbanisch verpartnert, hat mit ihm zwei südafrikanische Kinder adoptiert.

Wenn er nun aktiv wird, dann tut er das auch für sie. „Jeder Mensch ist anders. Das macht das Leben doch bunt und lebenswert.“

Auf einen Blick

Terrassen-Opening. Unter dem Hashtag #themottoisdiversity hostet Bernd Schlacher ein Live-Art-Projekt mit der Stencil-Art-Künstlerin Lukrezia. Motto-Freunde wie Daniela Golpashin, Marianne Kohn, Claudia Stöckl, Elisabeth Sereda, Erwin Wurm, Gabi Hiller, Doretta Carter, Samira Dadashi, Cesar Sampson gestalten Panele. Ab 18 Uhr ist die Party für alle offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2019)

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