Über einen verräterischen Begriff

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„Das Volk wird entscheiden“, steht auf dem Plakat neben dem Konterfei von Sebastian Kurz. Aber von welchem Volk ist hier die Rede? Und was meint Pamela Rendi-Wagner, wenn sie von den „Menschen da draußen“ spricht?

Es war der 2. Oktober 1989. In Leipzig gingen, wie schon an den Montagen zuvor, die Menschen zu Abertausenden auf die Straße. Sie forderten Reisefreiheit. Die Abschaffung der Stasi. Demokratie! Die Stimmung war angespannt. Rowdys seien diese Demonstranten, hatte die „Leipziger Volkszeitung“ im Vorfeld geschrieben. Die Volkspolizei stand schwer bewaffnet und mit Hundestaffeln bereit. „Wir sind das Volk“, riefen die Demonstranten ihnen zu. Keine Rowdys! Das Volk! Vielleicht schwang auch mit: Wir und nicht ihr!

Was am Montag darauf dann schon wieder ein wenig anders klang – und damit begann ein Missverständnis. „Wir sind ein Volk“ schrieben da die Demonstranten auf ihr Flugblatt. Aber was als Appell an die Volkspolizei gedacht war, als Aufruf gegen Gewalt und zur Solidarität mit den Protestierenden, wurde im Westen – allen voran von der „Bild“-Zeitung – als Forderung nach der Wiedervereinigung interpretiert.

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