"Freies Spiel der Kräfte": Antragsflut im Nationalrat

(v.l.) Jörg Leichtfried (SPÖ), August Wöginger (ÖVP), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), Norbert Hofer (FPÖ), Walter Rosenkranz und Axel Kassegger (FPÖ) am Donnerstag im Nationalrat
(v.l.) Jörg Leichtfried (SPÖ), August Wöginger (ÖVP), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), Norbert Hofer (FPÖ), Walter Rosenkranz und Axel Kassegger (FPÖ) am Donnerstag im NationalratAPA/HANS PUNZ
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Rund 30 Anträge liegen zur Bearbeitung vor. Außerdem auf der Agenda: Die Wahl der Volksanwälte und die Aufhebung der Immunität des Freiheitlichen Markus Tschank.

Das „freie Spiel der Kräfte“ hält Einzug im österreichischen Parlament. Nachdem sich die Übergangsregierung am Mittwoch den Abgeordneten präsentiert hat, nahmen diese die erste Sitzung nach der Abwahl des Kabinetts von Sebastian Kurz zum Anlass, zahlreiche Initiativen einzubringen – und setzen dieses Vorgehen heute, Donnerstag, fort. Bereits zu Beginn des Plenums lagen 30 Anträge vor, denen am Ende der Sitzung eine Frist gesetzt werden dürfte, womit sie noch im Juli beschlossen werden könnten.

Während sich am Mittwoch teils ungewöhnliche Konstellationen fanden, gehen heute die vormaligen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ größtenteils gemeinsam vor. So werden einige Regierungsvorlagen parlamentarisch auf den Weg geschickt, die bereits vom türkis-blauen Kabinett ausgearbeitet worden waren. Dazu zählen Novellen zum Haftungsrecht (alias „Causa Almen“) sowie zum Aktienrecht. Auch das Wohn-Gemeinnützigkeitsgesetz ist am Weg sowie eine weitere Anschubfinanzierung für den Ganztagesschulausbau und die Anhebung der Mindestpensionen.

Die SPÖ unternimmt ihrerseits Versuche, eigene Anträge ein Stück näher Richtung Beschluss zu bekommen. Dazu zählen ein eigener Antrag, ein Privatisierungsverbot für Wasser in die Verfassung zu bekommen sowie eine Initiative zur Eindämmung von Plastiksackerln. Die Neos haben sich vorgenommen, durchzubringen, dass gleichgeschlechtliche Ehen auch dann geschlossen werden können, wenn es diese Institution im Herkunftsland eines Partners nicht gibt. Derzeit können solche multinationalen Verbindungen in Österreich nur Eingetragene Partnerschaften eingehen.

Besonders aktiv ist die Liste Jetzt. Nachdem sie am Mittwoch den Ausstieg Österreichs aus dem umstrittenen König-Abdullah-Zentrum zum Thema gemacht hat – einem entsprechenden Entschließungsantrag stimmten auch SPÖ und FPÖ – konzentriert sie sich heute unter anderem auf den sogenannten „Bundestrojaner“, Konkret: Im Zuge einer gemeinsamen Initiative mit der SPÖ und den Neos will sie ein Verbot desselben bewirken. Alleine bringt die Kleinpartei indes einen Antrag ein, der eine Valorisierung des Pflegegeldes verlangt.

Wahl der Volksanwälte, Aufhebung der Immunität

Abgesehen von der Antragsflut, haben sich die Abgeordneten auch mit Personalfragen zu beschäftigen. So stand am Vormittag die Kür der neuen Volksanwälte auf der Tagesordnung: Werner Amon, Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz folgen auf Gertrude Brinek, Günther Kräuter und Peter Fichtenbauer. Die Wahl im Plenum erfolgte gegen die Stimmen der Neos und des Liste-Jetzt-Abgeordneten Alfred Noll. Die Begründung: Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper nannte es "inakzeptabel", dass im Jahr 2019 ein Dreier-Vorschlag ausschließlich mit Männern vorgelegt werde. Zudem störte sie, dass es kein öffentliches Hearing der Kandidaten gibt.

Aufgehoben wurde von den Abgeordneten sodann auch die Immunität des freiheitlichen Mandatars Markus Tschank. Die "Auslieferung" erfolgte einstimmig. Tschank war selbst dafür eingetreten, dem Ersuchen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nachzukommen. Hintergrund ist die „Ibiza-Affäre“: In dem Video philosophierte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bekanntlich über Spendenkonstruktionen über Vereine am Rechnungshof vorbei.

Tschank wurde zwar nicht genannt, er war aber in mehreren FPÖ-nahen Vereinen aktiv, die Spenden in Höhe von mehreren 100.000 Euro kassiert haben. Dass Geld an die Partei geflossen sein könnte, weisen die Vereine zurück und haben entsprechende Gutachten von Wirtschaftsprüfern vorgelegt. Auch Tschank selbst beteuert seine Unschuld.

(Red./APA)

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