Am Mittwoch endete der Prozess gegen zwölf katalanische Separatistenführer. Sie erklärten sich für nicht schuldig. Das heikle Urteil wird im Herbst erwartet.
In Madrid hat am Mittwochabend der Prozess gegen zwölf katalanische Separatistenführer mit den Abschlussreden der Angeklagten geendet. Alle forderten die Rückkehr zum Dialog und zur Politik, um ein politisches Problem zu lösen, das nicht in den Gerichtssälen zu lösen sei.
Den Angeklagten wird vorgeworfen, sich wegen der Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober 2017 unter anderem der Rebellion, des Aufstands und der Veruntreuung öffentlicher Gelder strafbar gemacht zu haben. Einigen drohen damit Haftstrafen von bis zu 25 Jahren. Unter den Angeklagten befinden sich Kataloniens ehemalige Parlamentsvorsitzende, die Präsidenten der beiden größten separatistischen Bürgerbewegungen sowie neun Mitglieder der damaligen Regionalregierung des ins Ausland geflüchteten Carles Puigdemont.
Alle Angeklagten erklärten sich für unschuldig und betonten trotz der Gewaltausschreitungen den friedlichen Charakter des Referendums. Kataloniens ehemaliger Vizeregierungschef Oriol Junqueras nutzte seine Abschlussrede, um die "Rückkehr zur Politik und zum Dialog" zu fordern. "Abstimmen lassen und vom Regionalparlament aus die Republik zu verteidigen kann kein Vergehen sein", so Junqueras und bat die Richter, den Spielball wieder an die Politik zurückzugeben.
Zwei Millionen stimmten für Unabhängigkeit
Ex-Außenminister Raul Romeva erklärte, "heute sitzen nicht nur zwölf Personen auf der Anklagebank, sondern zwei Millionen". Es war eine Anspielung an die Menschen, die bei Unabhängigkeitsreferendum für die Loslösung Kataloniens von Spanien stimmten. Auch für den damaligen Innenminister Joaquim Forn ist die Sache klar: "Wir sitzen hier, weil die Politik versagte". Unterdessen warnte Jordi Sanchez, Abgeordneter von Carles Puigdemonts JxCat und damaliger Präsident der separatistischen Bürgerbewegung ANC, die Richter: Es sei nun ihre Verantwortung, ob sich der Katalonien-Konflikt verschlimmern werde.
Allerdings haben die Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung ganz offensichtlich gegen die spanische Verfassung verstoßen und zudem das vor dem Referendum vom Verfassungsgericht auferlegte Verbot der Durchführung missachtet. Tatsächlich wird die Entscheidungsfindung der Richter ein Drahtseilakt mit politischen Konsequenzen, wie Kataloniens separatistischer Ministerpräsident Quim Torra nach dem Prozessende am Mittwoch ankündigte. "Der spanische Staat will die demokratische Sehnsucht nach Freiheit eines ganzen Volkes verurteilen. Das Urteil wird auch eine Botschaft für die mehr als zwei Millionen Katalanen sein, die den Mut, die Verantwortung und die Großzügigkeit hatten, am 1. Oktober abzustimmen", erhöhte Torra den Druck auf den Obersten Gerichtshof in Madrid, während in Barcelona Tausende Menschen gegen die Verurteilung der "politischen Gefangenen" demonstrierten.
Per Livestream im Internet übertragen
Mit einem Urteil ist im Herbst zu rechnen. Die Richter wissen, dass in diesem Prozess viel auf dem Spiel steht. Nicht nur das Ansehen der Justiz, sondern auch der Ruf Spaniens, das von den Separatisten als "repressiver Staat" bezeichnet wird. Um den Vorwurf eines unfairen Schauprozesses zu entkräften, waren die Sitzungen per Livestream im Internet übertragen worden.
Vier Monate lang dauerte der Mammutprozess mit 422 Zeugen, bei dem alle politischen Akteure zu Wort kamen. Sogar der damalige Regierungschef Mariano Rajoy und zahlreiche seine Minister waren als Zeugen vorgeladen. Der Prozess gilt als einer der polemischsten und politisch brisantesten Gerichtsprozesse in der Geschichte der spanischen Demokratie.
(APA/Manuel Meyer)