Schweizer Notenbank hält an lockerer Geldpolitik fest

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Die Schweizerische Nationalbank hält sich angesichts möglicher Turbulenzen durch die Handelskonflikte und den Budgetstreit mit Italien die Tür für eine weitere Zinssenkung offen.

Zwar ist der Leitzins in der Schweiz mit aktuell minus 0,75 Prozent bereits auf einem Rekordtief. Doch die Notenbank habe weiterhin Handlungsspielraum, um auf Schocks zu reagieren, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag. "Natürlich wägen wir dabei immer ab, ob das notwendig ist", sagte Jordan. Die Schweizer Notenbank stimmt damit ein in den Reigen größerer Zentralbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Fed, die jüngst ebenfalls weitere Krisenmaßnahmen nicht ausgeschlossen hatten.

Im Vordergrund steht für die SNB die Entwicklung des Frankens: Dieser gilt am Finanzmarkt als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten und ist besonders in Krisen gefragt. Das zeigte sich erst Anfang Juni, als die Landeswährung zum Euro auf den höchsten Stand seit knapp zwei Jahren stieg. Doch die SNB will eine schockartige Aufwertung mit allen Mitteln verhindern. Denn ein starker Franken macht Schweizer Waren im Ausland teuer und schwächt so die exportorientierte Wirtschaft. Um den Franken für Investoren unattraktiv zu machen, führte die Notenbank Negativzinsen ein. Zudem interveniert sie bei Bedarf am Devisenmarkt mit Euro-Fremdwährungskäufen.

Handelskonflikte machen SNB vorsichtig

Zuletzt hatte die SNB von solchen Interventionen wenig Gebrauch gemacht - auch weil das nicht notwendig war. Doch nun warnte die Notenbank, die weiterhin ungelösten Handelskonflikte der USA mit China und der EU, der EU-Budgetstreit mit Italien und die Brexit-Unsicherheiten könnten zu einem neuerlichen Höhenflug des Franken führen. Ob die Währungshüter in einem solchen Fall eher auf eine Zinssenkung oder auf Devisenmarkt-Interventionen setzen würde, ließ Jordan offen.

Analysten halten Interventionen für wahrscheinlicher: "Wenn wir einen Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken sehen, besteht die erste Option der SNB darin, in den Devisenmarkt zu intervenieren", erklärte etwa UBS-Analyst Alessandro Bee. Eine Zinssenkung ist aus seiner Sicht unwahrscheinlich. Sie würde Versicherungen, Pensionskassen, Banken und Sparer in der Schweiz zusätzlich belasten und könnte nach Einschätzung von Experten die Risiken am Immobilienmarkt verstärken.

Doch auch in anderen Währungsräumen wälzen die Zentralbanken derartige Pläne: Die EZB hatte vergangene Woche die erwartete Zinssenkung weiter nach hinten verschoben und sich offen gezeigt für den neuerlichen Einsatz von Kriseninstrumenten - wie eine Zinssenkung oder eine erneute Auflage der Anleihenkäufe. Und auch die US-Notenbank Fed hatte die Anleger auf eine Zinssenkung vorbereitet.

Ihre vor bald viereinhalb Jahren eingeführte Geldpolitik ließ die SNB unverändert. Allerdings stellte sie ihre Referenzgrundlage um: Künftig gilt der SNB-Leitzins. "Er ersetzt das bisherige Zielband für den Dreimonats-Libor und beträgt aktuell minus 0,75 Prozent", erklärte die Notenbank. Dieser Wert entspricht der Mitte des bisher gültigen Zielbandes für den Dreimonats-Libor. Doch die Zukunft des Libor ist nach diversen Manipulationsskandalen ungewiss. In der Schweiz etabliert sich daher ein neuer Zins namens Saron (Swiss Average Rate Overnight). Dieser Taggeldsatz wird nicht wie der Libor durch Angaben von Banken ermittelt, sondern über eine Handelsplattform. Auf den Saron will sich die SNB künftig konzentrieren. "Wir werden bei der Umsetzung unserer Geldpolitik sicherstellen, dass die kurzfristigen besicherten Geldmarktsätze in der Nähe des SNB-Leitzinses liegen", sagte Jordan.

Der Strafzins, den Banken ab einem gewissen Freibetrag für bei der SNB geparktes Geld an die Notenbank zahlen, bleibt bei 0,75 Prozent.

(APA/Reuters)

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