Banken wünschen sich flexiblere EU

Für Bankenverband-Chef Zadrazil ist Klimaschutz auch beim Veranlagen wichtig.
Für Bankenverband-Chef Zadrazil ist Klimaschutz auch beim Veranlagen wichtig. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bei der Durchsetzung neuer Regeln für den Finanzsektor wie Mifid II sollte Brüssel die konjunkturelle Entwicklung einbeziehen, fordert der Bankenverband.

Wien. Auf einen dreistelligen Millionenbetrag schätzt Robert Zadrazil, Präsident des Bankenverbandes und Vorstandsvorsitzender der Unicredit Bank Austria, jene Kosten, die mit der Implementierung der neuen Regeln zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Mifid II) auf die heimischen Geldinstitute zukommen. Das sind jedoch nicht die einzigen Belastungen: Auch Basel IV – die strengeren Eigenkapitalvorschriften zur Risikoabfederung – belastet die Banken. Und dann ist da noch das „Core Reporting“ – die geplante Verpflichtung der Banken, Kundendaten an Aktiengesellschaften herauszugeben.

Die Umsetzung von Letzterem, ein Teil des Bankenpakets, ist zwar der Regierungskrise zum Opfer gefallen, aber Zadrazil macht sich keine Illusionen darüber, dass die Änderung der Aktionärsrechte-Richtlinie, wenn auch vielleicht abgeschwächt, kommt. Genug Stoff also für den Bankenverband-Chef, Forderungen zu deponieren – an die nächste österreichische Regierung, aber vor allem auch an die EU.

„Regularien im Finanzsektor sind wichtig, wie sich wiederholt gezeigt hat. Die EU agiert da aber zu starr“, sagte Zadrazil am Donnerstag. Während in den USA Regeln für den Finanzsektor auch an den jeweiligen konjunkturellen Zyklen ausgerichtet würden, fehle das in Europa. „Brüssel macht Regeln und arbeitet sie dann starr ab – egal, wie das wirtschaftliche Umfeld ausfällt.“ Die EU sollte dieses „Klassenstreber“-Gehabe – auch ein Grund, warum amerikanische Banken deutliche Wettbewerbsvorteile hätten – ablegen, forderte Verbandsgeneralsekretär Gerald Resch.

Kreditvergabe zieht an

Die heimischen Banken fühlen sich für die neuen schärferen Regeln, die heuer mit einer deutlichen Konjunkturabkühlung zusammentreffen, aber gut gerüstet. Vor allem in den letzten Jahren habe die florierende Wirtschaft – und hierzulande der boomende Privatkonsum – die Kreditnachfrage deutlich ansteigen lassen. Bei den 83 im Verband vertretenen Banken, die in Summe rund 73.600 Mitarbeiter beschäftigen, stieg das Volumen der Unternehmenskredite um 6,8 Prozent auf 153 Milliarden Euro, jenes der Privatkredite um acht Prozent auf 162 Milliarden Euro. Davon entfielen nach Angaben der Nationalbank gut zwei Drittel (68 Prozent) auf Wohnbaukredite. „Trotz des Preisanstiegs bei Wohnungen – der im Vergleich zu anderen europäischen Städten relativiert werden muss – haben viele Menschen Wohnungseigentum geschaffen“, sagte Zadrazil.

Ein höheres Nettozins- und Provisionsergebnis sowie geringere Aufwendungen für Risikokredite haben die Banken im Vorjahr gut verdienen lassen: Die Gewinne stiegen in Summe um 5,2 Prozent auf 6,916 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr gab sich Zadrazil vorsichtig. Faktum sei, dass die Prognosen aller Wirtschaftsforscher von einer deutlichen Abflachung der Konjunktur ausgehen. „Das spüren wir bereits bei der Kreditnachfrage der Unternehmen, während der Privatkonsum nach wie vor stark ist.“

Der Bankenverband hat aber auch Lob für die EU, wenn es um den Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums geht. Die Banken wollen vom Trend zu „grünen“ Investments profitieren. Insofern begrüßen sie das im Aktionsplan vorgesehene einheitliche EU-Klassifikationssystem sowie die Verpflichtung zu einer entsprechenden Anlageberatung und letztlich ein eigenes EU-Label zur Kennzeichnung „grüner“ Finanzprodukte. „Für die Erreichung der Pariser Klimaziele sind 180 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich, dazu bedarf es auch viel privaten Gelds“, erklärte Zadrazil. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2019)

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