In welche Richtung dreht der Strom?

E-Auto-Offensive: viele Smarte – und Stromfresser.

Wien. Manchmal passieren in der Autoindustrie Dinge, über die man sich nur wundern kann. Beispiel aus der Vergangenheit: der Smart mit Dieselmotor, rollender Beweis, dass auch ein schwaches Motörchen stinken kann wie die Großen. Die Abgasreinigung hatte man ja eingespart – vor ein paar Jahren ging das noch locker durch. Sparsam war er – dennoch: eine Handvoll Auto, laut ratternd, Dieselwolken hinter sich herziehend, weiter konnte man sich nicht von der Ursprungsidee des Zweisitzers entfernen.

Denn diese war rein elektrisch, und dorthin kehrt man mit der Modellpflege im Herbst wieder zurück, dann gibt es den Kleinen nur noch als Stromer. Dass er in dieser Form gut doppelt so teuer sein wird wie das aktuelle Benzinmodell, daran wird man sich allgemein zu gewöhnen haben: Die Preisschwelle für Elektroautos liegt grundsätzlich höher, weil die Technik teuer ist und die Akkus von keinem Hersteller (außer Tesla) selbst produziert werden. Die Autofirmen bieten gerade Milliarden auf, um sich Lieferverträge für die kommenden Jahre zu sichern. Sie sind schon jetzt der Flaschenhals in der Produktion dieser Autos. Ohne große Stückzahlen gehen aber auch die Preise nicht hinunter. VW hat diesbezüglich eine Menge versprochen.

Noch in diesem Jahr dagegen wird Honda sein Fahrzeug rollen, das nur den Buchstaben e als Namen führt. Lang haben die japanischen Hersteller gezögert – und sich, wie Honda, nun für die sinnvolle Variante entschieden, sprich ein kleines, dennoch geräumiges und vor allem leichtes Auto anzubieten. Es braucht keinen Riesenakku, der das Gewicht treiben würde: 35,5 kWh reichen dem Honda e für seine Belange völlig aus. Wien–München in einem Rutsch ist halt nicht seine Disziplin. Nicht nur, dass E-Autos teurer sind, sie trotzen uns auch Kompromisse ab, die man aber auch als Chance sehen kann: Sollten wir nicht wirklich etwas an unserem Mobilitätsverhalten ändern? Dennoch formieren sich Stromfresser, die für einen Teil der Industrie und auch der Käufer stehen: klobige Schwergewichte mit 100 kWh-Akkus, in denen dann ein Persönchen sitzt – da können wir gleich so weitermachen wie bisher. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2019)

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