Nach wie vor schaffen es nicht mehr Frauen in Führungspositionen. Um das zu ändern, sei kulturelles Umdenken nötig, sagt Harald Dutzler von Strategy&. Und dass Frauen stärker in Richtung Führung geführt werden müssten.
Die Erwartungen waren andere gewesen: Nämlich, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Zahl der Frauen in den Vorständen steigen würde. Von wegen: Die Zahl stagniert auf niedrigem Niveau. Und zwar im gesamten D-A-CH-Raum, wie Harald Dutzler, Partner bei Strategy&, der Strategieberatung von PwC, sagt.
Als wichtigste Gründe nennt Dutzler das Thema Flexibilität. „Unternehmen arbeiten daran, ihre Strukturen und Prozesse flexibel zu gestalten, bekommen aber noch keinen familienfreundlichen Rhythmus hin.“ Das heißt etwa, dass es nach wie vor Telefonkonferenzen am späten Nachmittag gebe – was Eltern, die ihre Kinder von Kindergarten oder Schule abholen müssen, automatisch ausschließt. „In den Nordics“, sagt Dutzler, „wäre das undenkbar.“ Seit Jahren, wohlgemerkt. „Kulturelles Umdenken ist nötig.“ Und nach wir vor sei es kaum anerkannt, dass Führungsjobs auch in Teilzeit erledigt werden können.
Frauen auf Führung vorbereiten
Abhilfe könnte eine Quote bringen. Diese werde bei den DAX-Konzernen, die 30 Prozent der Aufsichtsratsmandate an Frauen vergeben müssen, zum Beispiel erfüllt. „Man könnte auch über eine Quote für CxO-Positionen nachdenken“, sagt Dutzler. Also für Chief Executive/Operations/HR/Financial Officers. „Es ist nicht intuitiv, das einzuführen. Aber es würde Unternehmen zwingen, junge Frauen Richtung Führungsjobs zu entwickeln.“
Im Rahmen der Studie „CEO Success“ wurde von Strategy& auch erhoben, wie lang CEOs im Amt bleiben: Im D-A-CH-Raum bleiben sie 6,6 Jahre ganz oben, das ist weltweit Spitze. Wenngleich im Rest der Welt CEOs nur unwesentlich kürzer amtieren. Zwei bis drei Jahre brauche ein CEO, ehe seine (oder ihre) Handschrift spürbar werde. Mehr noch: „Alles unter fünf Jahren ist zu kurz, um den vollen Gestaltungsspielraum auszunutzen“, sagt Dutzler.
Nicht jeder schaffe es, so lang an der Unternehmensspitze zu bleiben. Manche gehen freiwillig, andere werden verabschiedet. Im Hinblick auf die erzwungenen CEO-Wechsel haben weltweit erstmals mehr Unternehmenschefs aufgrund ethischer Verfehlungen (39 Prozent) als wegen schlechter finanzieller Ergebnisse (35 Prozent) ihre Führungsverantwortung verloren.
Noch zwei Besonderheiten weisen CEOs im D-A-CH-Raum auf. Erstens: Sie kommen mit 50 Jahren vergleichsweise jung an die Spitze (global gesehen liegt der Schnitt bei 53 Jahren). Und zweitens: Die Zahl der Outsider, also ausländischer CEOs ist mit 32 Prozent sehr hoch. Als Gründe nennt Dutzler, dass es in einem kleinen Markt (wie etwa dem österreichischen) auch nur relativ wenige Kandidaten gebe. Und dass die Aufsichtsräte immer professioneller würden und auch im Ausland nach geeigneten Kandidaten suchen würden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2019)