Religionsführer und Partner machen sich für Abdullah-Zentrum stark

APA/HERBERT NEUBAUER
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Auf der Webseite des in Wien ansässigen Zentrums warnen Repräsentanten vor Auswirkungen auf die Dialogarbeit in Krisenregionen weltweit. Aus Österreich meldeten sich etwa jüdische und muslimische Vertreter zu Wort.

Nach dem Parlamentsvotum zum Ausstieg Österreichs aus dem in Wien ansässigen "König Abdullah Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog" (KAICIID) machen sich internationale Religionsvertreter und Partner des Zentrums für die Einrichtung stark. Der im Nationalrat mehrheitlich beschlossene Schritt gefährde die Dialogarbeit in einigen der schlimmsten Krisenregionen der Welt, schreiben sie auf der Webseite des Zentrums. Das berichtete die Kathpress am Freitag. Am Donnerstag hatte sich bereits Spanien „überrascht“ und „irritiert“ über den Entschließungsantrag gezeigt.

Zu den Schwerpunktländern der Programme des Dialogzentrums zählt etwa seit 2012 die von wiederkehrenden Gewaltwellen heimgesuchte Zentralafrikanische Republik. Von dort meldeten sich der katholische Erzbischof von Bangui, Kardinal Dieudonne Nzapalainga, und Imam Oumar Kobine Layama in einer gemeinsamen Erklärung zu Wort. Angesichts der anhaltend "enormen Herausforderungen" in ihrem Heimatland hofften sie auf anhaltende Unterstützung durch das KAICIID, "um den Dialog zwischen Christen und Muslimen sowie der Regierung aufrechtzuerhalten, um Frieden und sozialen Zusammenhalt zu fördern", so die beiden Religionsführer, die zu den Hauptproponenten einer vom KAICIID geförderten interreligiösen Plattform für den Frieden im Land gehören.

Ägyptischer Großmufti „betet“ um Fortbestand

Aus Myanmar reagierte eine vom Wiener Zentrum mitaufgebaute Plattform muslimischer und buddhistischer Religionsvertreter, die "Peaceful Myanmar Initiative", auf die jüngsten Entwicklungen. In den vergangenen drei Jahren sei durch die Zusammenarbeit mit dem KAICIID ein weitläufiges Netzwerk aus Experten für den interreligiösen Dialog aufgebaut worden, hielt die Plattform fest. Außerdem sei ein Ausbildungszentrum für den interreligiösen Dialog entstanden, rund 3000 Menschen hätten an Dialog- und Friedensworkshops teilgenommen.

In weiteren Solidaritätsadressen teilte u.a. der ägyptische Großmufti Shawki Allam mit, er bete darum, "dass das Zentrum seine Arbeit fortführen kann um Gottes Wille der Liebe, des Respekts und des Zusammenhalts zwischen uns allen weiter zu fördern". Christliche und muslimische Religionsführer sollten ihre Anhänger durch Bildung von solcher Gewalt und Missbrauch der Religion fernhalten, betonte der armenisch-apostolische Katholikos von Kilikien, Aram I. Keshishian. In diesem Zusammenhang sei der Auftrag des Wiener Dialogzentrums "von größter Bedeutung". Seine Kirche werde die Zusammenarbeit und aktive Teilnahme an allen Programmen und Projekten des KAICIID fortsetzen, kündigte der Katholikos an.

Aus Österreich äußerten sich u.a. der Wiener jüdische Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister und der Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ), Tarafa Baghajati. Das Dialogzentrum habe es sich angesichts seiner Arbeit nicht verdient, wegen seines Namens und einer "vom Boulevard von Anfang an missverstandenen Funktion und Mission vorverurteilt zu werden", meinte Rabbiner Hofmeister. Das Zentrum müsse an der Umsetzung seines von den Gründungsstaaten festgeschriebenen Auftrags gemessen werden.

Vertreter der anglickanischen Kirche verweist auf Ausbildungsprogramme

KAICIID unterstützte den jüdisch-muslimischen Dialog, initiiere Programme zur Integration von Flüchtlingen und eine Reihe von Friedensinitiativen in Krisengebieten, hielt IMÖ-Obmann Baghajati fest. Schon am Mittwoch hatte Baghajati in einer eigenen Aussendung Kritik an dem Votum des Nationalrats geübt. "Dem von der Todesstrafe bedrohten Jugendlichen und auch allen anderen politischen Gefangenen wird eine KAICIID Schließung nichts bringen", meinte Baghajati zum von der Liste Jetzt, SPÖ, FPÖ und NEOS unterstützen entsprechenden Entschließungsantrag. Direkte politische Kontakte seien "wesentlich vielversprechender" als derartige "Symbolpolitik".

Auf die Ausbildungsprogramme im interreligiösen Dialog für lokale Religionsvertreter verweist in seiner Solidaritätserklärung auf der KAICIID-Website der Vertreter der anglikanischen Kirche in Wien, Pfarrer Patrick Curran. "In Krisenzeiten tragen diese von KAICIID ausgebildeten Religionsvertreter dazu bei, Frieden durch Beziehungen zu erzeugen. In Zeiten der Stabilität tragen sie zu einem besseren Verständnis der bestehenden Unterschiede bei und ermöglichen, dass Glaubensgemeinschaften friedlich Seite an Seite leben", so Curran.

Mit Geldern aus Riad finanziert

Am Mittwoch hatte der Nationalrat für den Rückzug Österreichs aus der internationalen Einrichtung und die Auflösung des Amtssitzabkommens gestimmt. Das Wiener Außenministerium sicherte in der Folge zu, den Beschluss umzusetzen. Unmittelbarer Anlass für das Parlamentsvotum war die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen in Saudi-Arabien, der wegen Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte seit fünf Jahren in Haft sitzt. Ihm wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Das nach dem saudischen König Abdullah bin Abdulaziz (2005-2015) benannte Zentrum wurde Ende 2012 von Saudi-Arabien, Österreich und Spanien gegründet. Es wird mit Geldern aus Riad finanziert und stand immer wieder wegen möglicher saudischer Einflussnahme in der Kritik.

Seit seiner Gründung ist auch der Heilige Stuhl als Ständiger Beobachter in die Arbeit des Dialogzentrums strukturell eingebunden. Geleitet wird das KAICIID von einem neunköpfigen multireligiösen Direktorium, dem Vertreterinnen und Vertreter aus Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum angehören. Die katholische Kirche ist durch den Präsidenten des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog, Bischof Miguel Ayuso, hochrangig vertreten.

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