Anklage gegen Sektionschefs im Innenressort

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl APA/HERBERT NEUBAUER
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Wegen Immobiliendeals werden Spitzenbeamte des Innenressorts angeklagt. Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl verteidigt die Korruptionsstaatsanwaltschaft und greift Sektionschef Christian Pilnacek an. Eine alte Feindschaft lebt auf.

Wien. Jahrelange Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu fragwürdigen Immobiliendeals des Innenministeriums haben zu Anklagen gegen zwei aktive und einen Ex-Sektionschef des Ministeriums geführt. Weiters angeklagt: ein ehemaliger Geschäftsführer von Stadterweiterungsfonds und Integrationsfonds. Beide gehörten zum Innenministerium.

Der Stadterweiterungsfonds wurde 2017 aufgrund anhaltender Kritik und laufender Ermittlungen aufgelöst. Der Fond geht auf Kaiser Franz Joseph zurück und diente in erster Linie zur Finanzierung von Ringstraßenbauwerken in Wien. Nach einer Prüfung des Rechnungshofes im Jahr 2013 wurden Vorwürfe laut, dass der Fonds Immobilien deutlich zu billig verkauft haben soll. Außerdem soll er satzungswidrige Spenden geleistet haben. Einige Beispiele: 916.000 Euro sollen an religiöse, wissenschaftliche und karitative Zwecke gegangen sein. Einer der Hauptprofiteur: die katholische Kirche.

In der Wiener Innenstadt sollen zwei Liegenschaften um nur 15.000 Euro – also massiv unter Wert – an den Sohn eines ÖVP-Nationalratsabgeordneten verkauft worden sein. Der prominenteste Grundstücksverkauf aus dem Fonds war aber wohl das Heumarkt-Areal, um das derzeit politische Kämpfe auf Landes- wie Bundesebene stattfinden. Immobilieninvestor Michael Tojner will dort, wo jetzt das Intercontinental-Hotel steht, ein Hochhausprojekt errichten. Nach jahrelangen Verhandlungen mit der Stadt Wien hatte er2017 die nötige Widmung bekommen. Bei Umsetzung des Projekts könnte Wien aber den Unesco-Welterbestatus verlieren.

Jedenfalls war der Grundstückskauf ein Schnäppchen. Im Jahr 2008 wollte der Staat vom Bauträger nur 4,2 Millionen Euro vom Bauträger „Buntes Wohnen“ haben, der schon damals unter Tojners Einfluss gestanden haben soll. Dabei hatte es auch ein Angebot von neun Millionen Euro gegeben. Die damals amtierende ÖVP-Innenministerin: Maria Fekter.

Kickl stützt WKStA

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sah die Anklagen am Freitag als weiteren Beleg für schwarze Netzwerke im Innenministerium sowie für ein parteipolitisches Agieren des Justizministeriums. Im Speziellen griff er Ex-Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek an. Er soll zur langen Verfahrensdauer per Weisungen an die WKStA beigetragen haben. Tatsächlich hatte es in der im Detail doch komplexen Causa immer wieder Meinungsverschiedenheiten gegeben – schließlich wurden die Anklagen gegen die (ÖVP-nahen) Innenministeriums-Sektionschefs aber vollinhaltlich auch von den Oberbehörden unterstützt.

Detail am Rande: Obwohl Kickl gegen „schwarze Netzwerke“ im Innenministerium wetterte, ist einer der angeklagten Sektionschef erst in seiner Amtszeit zu einem solchen befördert worden.

Kickl stellte sich in seinen Ausführungen vor die WKStA und deren SPÖ-nahe Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda. Diese hatte zuletzt ebenfalls schwere Anschuldigungen gegen Pilnacek erhoben, sogar Anzeige erstattet. Ihr Vorwurf: Pilnacek und die Oberbehörden hätten die Ermittlungen in der Eurofighter-Causa abwürgen wollen. Sie berief sich dabei auf eine Dienstbesprechung, bei dem ein ein heimliches Tonbandmitschnitt – und nachher eine (selektive) Mitschrift angefertigt wurde. Das Protokoll liegt der „Presse“ vor. Pilnacek hatte tatsächlich nahegelegt, die Ermittlungen fokussierter anzugehen und ergebnislose Seitenstränge weniger zu beachten. Von einer Einstellung ist keine Rede.

Die Staatsanwaltschaft Linz hatte die Vorwürfe gegen Pilnacek geprüft und die Anzeige wegen fehlenden Anfangsverdachts zurückgelegt. Jetzt beschäftigt sie sich mit Anzeigen gegen Staatsanwälte der WKStA selbst. Vorwürfe der Beweismittelfälschungstehen im Raum. Der Streit zwischen Pilnacek, Oberstaatsanwaltschaft und WKStA ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass es eine Mediation geben soll. Auch der neue Justizminister Clemens Jabloner versucht sich moderierend einzubringen.

Freund-Feind-Schema

Dass Kickl die WKStA gegen Pilnacek unterstützt, ist nicht verwunderlich. In der Causa rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) gab es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Behörde, seinem Kabinett und seinem Generalsekretär. Vielleicht für die gebotene Gewaltentrennung zu eng. Es soll Pilnacek gewesen sein, der das schließlich unterband.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2019)

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