„Wer nur eintippt, wird verlieren“

Podiumsdiskussion beim Tag der Weiterbildung (v. l. n. r.): Moderatorin Claudia Stradner (Kurier), Peter Bartos (BDO Austria), Ulrike Domany-Funtan (Fit4internet), Sabrina Schwab (Travelport Austria), Johannes Zimmerl (Rewe International).
Podiumsdiskussion beim Tag der Weiterbildung (v. l. n. r.): Moderatorin Claudia Stradner (Kurier), Peter Bartos (BDO Austria), Ulrike Domany-Funtan (Fit4internet), Sabrina Schwab (Travelport Austria), Johannes Zimmerl (Rewe International). (C) Gerhard Weinkirn
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Beim „Tag der Weiterbildung“ im Haus der Industrie wurde die Weiterbildungsstudie 2019 präsentiert. Danach diskutierten Vertreter diverser Branchen über digitale Bildung.

Die Digitalisierung – insbesondere die Bedürfnisse und Möglichkeiten von Unternehmen bei der diesbezüglichen Weiterbildung – waren der Schwerpunkt des diesjährigen Tags der Weiterbildung, einer Veranstaltung der Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung am Mittwoch im Haus der Industrie. Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, betonte in der Eröffnungs-Keynote die gesellschaftspolitische Dimension der Weiterbildung. „Jeder muss mit Neuerungen umgehen können.“ Als IV-Generalsekretär wies er auch auf die Kluft zwischen Nachfrage und Angebot auf dem Arbeitsmarkt und die volkswirtschaftlichen Konsequenzen hin. Gerade im Hinblick auf die nachrückenden geburtenschwachen Jahrgänge müsse man „möglichst viele Menschen kompetent machen, um sie möglichst lang im Arbeitsleben zu halten“.

Bildungsbudgets steigen weiter

Was die Unternehmen selbst dafür tun wollen, wird alljährlich in der Weiterbildungsstudie erhoben, einer Befragung unter Personalverantwortlichen von 500 repräsentativen Unternehmen, deren Präsentation ein tragender Programmpunkt beim Tag der Weiterbildung ist. Christian Dominko, Geschäftsführer von Makam Research, fasste die wichtigsten Ergebnisse zusammen: Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Bildung ist weiterhin hoch, 23 Prozent planen eine Steigerung der diesbezüglichen Budgets, nur vier Prozent Kürzungen. Bei den als wichtig erachteten Themen liegen Technik und Produktion vor Persönlichkeitsbildung und Marketing. Dass daneben auch Anwendungswissen im EDV-Bereich noch immer gefragt ist, zeigt für Dominko, wie rasch sich das Gebiet wandelt.

68 Prozent der von Unternehmen angebotenen Weiterbildungsoptionen werden auch angenommen und 86 Prozent des Budgets ausgeschöpft. Die wichtigsten Gründe, warum Angebote nicht angenommen werden, sind laut Studie fehlende zeitliche Ressourcen und mangelnde Motivation. Seitens der Unternehmen wäre eine Strategie für lebenslanges Lernen gefragt, zudem Förderungen und Vorbilder. Eine Vereinheitlichung von Kompetenzen wird als weniger wichtig erachtet.

Kompetenzfelder definiert

Dabei gab es gerade auf diesem Gebiet jüngst einige Fortschritte, wie Ulrike Domany-Funtan, Generalsekretärin des Vereins Fit4internet, in der anschließenden Podiumsdiskussion berichtete. Der digitale Kompetenzrahmen der EU, DigComp 2.0 mit fünf Kompetenzfeldern und 21 Subkompetenzen, wurde für Österreich angepasst und um die „nullte Kompetenz“, „Grundlagen und Zugang“, und auf insgesamt 24 Subkompetenzen erweitert. Nun müsse das seit Jänner bestehende nationale Kompetenzmodell DigComp 2.2 AT mit Leben erfüllt werden. Erster Schritt sei ein seit Kurzem verfügbarer Online-Selbsttest auf www.fit4internet.at; nun müsse die Einordnung der Ausbildungsangebote folgen.

Wie Digitalisierung und Weiterbildung in verschiedenen Branchen gesehen werden, darüber berichteten die weiteren Teilnehmer der Podiumsdiskussion.

Kundenkontakt unersetzlich

Sabrina Schwab, Country Manager bei Travelport Austria, ortet bei den Reisebüros einen gewissen Nachholbedarf, auch angesichts der zunehmend genutzten Online-Angebote. Schwab betont dabei aber das notwendige Miteinander von Online-Information und persönlicher Beratung.

Direkten Kundenkontakt und individuelle Beratung sieht auch Johannes Zimmerl, Direktor Konzern-Personalwesen bei Rewe International, als Domäne des Menschen. Allerdings müsse dieser mehr leisten als „nur die Beschreibung vorzulesen“. Aus- und Weiterbildung sei nicht nur Anliegen der Arbeitgeber, sondern auch von Angestellten und Jobsuchenden. Dabei seinen Eltern, Schule – wo für Zimmerl Nachholbedarf herrscht –, Unternehmen und externe Anbieter gefragt.

„Hoch qualifizierte Menschen werden eine wichtige Rolle spielen, wer nur eintippt, wird verlieren“, bringt es Peter Bartos, Partner bei der BDO Austria Wirtschaftsprüfer- und Steuergesellschaft, auf den Punkt. In seiner Branche seien diverse Tools weit verbreitet, was fehle, sei die Integration in ein gemeinsames Ganzes. Darüber hinaus weist Bartos auf einen grundsätzlichen Aspekt hin, nämlich jenen der Frage nach der Verantwortung bei immer stärker automatisierten Prozessen, sei es beim autonomen Fahren oder bei Informationen an die Steuerbehörden. Wichtig sei, die dahinter liegenden Prozesse zu verstehen und sich eine gewisse Skepsis zu bewahren.

INFORMATION

Der Tag der Weiterbildung mit Präsentation einer Weiterbildungsstudie, Keynotes und Podiumsdiskussion wird von der Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung veranstaltet. Mitglieder der Plattform sind die Akademie der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Bit Group, die Berater, Ipcenter, die Seibersdorf Academy und die TÜV-Austria-Akademie. www.pbeb.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2019)

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