Schwenk der Bischöfe: Ja zu Reformen

Schwenk Bischoefe Reformen
Schwenk Bischoefe Reformen(c) Teresa Zötl
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Angeführt von Kardinal Christoph Schönborn und unter dem massiven Druck des Anstiegs der Zahl der Austritte wegen des Missbrauchsskandals schwenkt der Episkopat vorsichtig, aber doch auf Reformkurs.

Richtungswechsel in der katholischen Kirche Österreichs: Angeführt von Kardinal Christoph Schönborn und unter dem massiven Druck des Anstiegs der Zahl der Austritte wegen des Missbrauchsskandals (plus 42 Prozent im ersten heurigen Quartal) schwenkt der Episkopat vorsichtig, aber doch auf Reformkurs.

Der Wiener Erzbischof hat erst jüngst mit seinem Plädoyer für die Abkehr von einer „Pflicht-Moral“ hin zu einer „Moral des Glücks“ sowie für ein Überdenken des Umgangs mit homosexuellen Paaren und Geschiedenen, die wieder geheiratet haben, aufhorchen lassen. Bis zum heurigen Herbst wollen die Bischöfe für Geschiedene eine Lösung finden. Gleichzeitig kündigt der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari einen Gesprächsprozess für die Steiermark und die Suche nach Maßnahmen für eine „lebensnahe Kirche“ an.

Und der Eisenstädter Bischof Paul Iby spricht sich jetzt im Interview mit der „Presse“ gegen den Pflichtzölibat und für die Weihe verheirateter Männer zu Priestern aus. Mehr noch: Er meint, mittelfristig sollte selbst die Weihe von Frauen überlegt werden – eine Frage, die Johannes Paul II. unter ausdrücklichem Verweis auf seine volle Autorität und mit Unterstützung des damaligen Glaubenskongregations-Chefs Joseph Ratzinger (dem heutigen Papst) als letztgültig entschieden dekretiert hat.

Mit Reformwünschen derTreuesten der Treuen in der Kirche werden die Bischöfe auch ab Donnerstag konfrontiert sein. Bis Samstag werden sie erstmals zu einem Kongress mit ungefähr 500 Delegierten aus den Reihen der Pfarrgemeinderäte zusammentreffen. Hinter verschlossenen Türen sollen Wege aus der Krise und Strategien für einen Neuanfang beraten werden. Die österreichweit 35.000 Pfarrgemeinderäte sind ehrenamtliche Mitarbeiter direkt an der Basis, ohne die das Leben der Kirche kaum mehr vorstellbar ist – gerade auch angesichts des immer drückender werdenden Priestermangels. Daher wird beim Mariazeller Kongress wie auch schon bei den bisherigen zwei Diözesanversammlungen der Erzdiözese Wien die Frage auftauchen, ob und wie Laien noch mehr in die Leitung der Pfarren eingebunden werden.

Leiten Laien Pfarrverbände?

In diesem Punkt zeigt sich Bischof Egon Kapellari in einem Interview mit der neuesten Nummer der steirischen Kirchenzeitung „Sonntagsblatt“ offen. Er kann sich nach eigenen Angaben eine Reform in Organisationsfragen vorstellen. Was das konkret bedeutet? Verwaltung und wirtschaftliche Führung in den Pfarren könnten in die volle Verantwortung von Laien übergehen. Und Pfarrverbände könnten zumindest beispielhaft auch von Diakonen und Laien geleitet werden – bisher ein Tabuthema. Bischof Kapellaris Begründung für seinen Vorstoß: „Man könnte aus solchen Erfahrungen viel lernen.“

Er reagiert mit dem „diözesanweiten offenen Gesprächsprozess“ auf die anhaltende Unruhe an der Basis. Mit der Hauptverantwortung für dieses Forum wurde von Kapellari die Katholische Aktion betraut. Rund um eine Kerngruppe von zehn bis zwölf Personen sollen sich nach den Wünschen des Bischofs möglichst viele verschiedene Gruppen und Einzelpersonen engagieren. Schon im Juni sollen erste Projekte und Maßnahmen auf dem Tisch liegen, „die auch bald verwirklicht werden können“, verspricht der Bischof.

Die Hoffnungen der Laieninitiative erfüllt Kapellari damit wohl nur bedingt. Deren Obmann Herbert Kohlmaier, langjähriger früherer VP-Politiker und Volksanwalt, hat Mitte April in einem Appell an die Grazer Diözesanleitung „unumgängliche, tief greifende Reformen“ und eine „Diözesansynode im Sinne des Kirchenrechts“ gefordert. Bei Synoden können verbindliche Beschlüsse für die Ortskirche gefasst werden. Die Antwort der Diözese, viele seit Jahren schwelende Fragen aufbrechen und einen Reformprozess starten zu wollen, interpretierte die Initiative als positives Signal.

Zehn Tage später reagierte Kapellari allerdings mit scharfer Kritik an der „keineswegs homogenen Gruppe von besorgten Katholiken“, die „im klaren Gegensatz zur Kirchenverfassung Druck auf die Diözese ausübe“. Kohlmaier konterte verschnupft: „Es ist anzunehmen, dass – um es salopp zu formulieren – Kapellari Angst vor der eigenen Courage bekam oder aus Rom zurückgepfiffen wurde.“

In Graz fühlt man sich falsch verstanden. Man habe immer „einige verbindliche Grenzen eingemahnt“, so Kapellari. Gegenüber der „Presse“ verspricht der Sprecher des Bischofs, Georg Plank, dass die nun angekündigte Diskussion über inhaltliche und strukturelle Fragen nicht im Sande verlaufen werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2010)

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