Das Jahr der Herzschlagfinali

Jahr Herzschlagfinali
Jahr Herzschlagfinali(c) REUTERS (TOBY MELVILLE)
  • Drucken

Wer "Margret on the Guillotine" geschrieben hat, wird David Camerons Party eher meiden.

Ist das nicht aufregend? Wohin man auch schaut, derzeit gehen in Europa die wirklich wichtigen Entscheidungen erst auf den allerletzten Drücker durch. Damit sind allerdings weder die britischen Wahlen noch der elfstündige Brüsseler Sitzungsmarathon zur Rettung des Euro gemeint. Die einzigen brennenden Fragen hinsichtlich dieser vernachlässigbaren Petitessen sind erstens, ob der britische Premierminister David Cameron den Sänger von „The Smiths“, Morrissey, zu seiner Housewarming Party einladen wird und wieso die Cafeteria im Brüsseler Ratsgebäude um 23 Uhr aufgehört hat, Bier auszuschenken.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Der Brüssel-Korrespondent der „Presse“ hat das Krisentreffen der Finanzminister mit null Promille im Blut begonnen und ebenso nüchtern beendet. Man dopt mit japanischem Gen-Mai-Cha-Tee und schwarzem Kaffee. Aber es wäre nett gewesen, gegen 3.15 Uhr, nach Ende der letzten Pressekonferenz, mit den lieben Kollegen aus aller Welt einen Kelch Trappistenbier zu heben.

Was Herrn Cameron und seine Liebe zu den „The Smiths“ betrifft (ja, es heißt die „The Smiths“, nicht die „Smiths“), wittere ich eine Enttäuschung. Wohl hat der junge Oxfordstudent die zauberhaften Harmonien der Band gerne im Autoradio seines Jaguars gehört. Aber jemand, der Lieder wie „Margret on the Guillotine“ geschrieben hat, wird sich auf der Party von Margret Thatchers politischem Erben kaum wohl fühlen (was auf Gegenseitigkeit beruhen dürfte).

Doch wie gesagt: Cameron und Euro sind wurscht. Weil morgen, Donnerstag, entscheidet sich das Rennen um den österreichischen Fußballmeistertitel. Morrissey wird wohl auch diese Siegesfeier meiden. Aber zumindest macht die Bar nicht um 23 Uhr zu.


oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.